Schutz vor Manipulation: Achtsamund gelassen schauen, was gespielt wird

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Macht lässt niemanden kalt. Die einen schmiegen sich mit Profiterwartung an ("fat cat syndrome" heißt das in der Karrierenforschung). Die anderen gehen auf Distanz, weil Macht steuern kann, manipulieren, und der Reflex "ich will mich schützen" auftritt.

"Was bedeutet für Sie Macht?", werden Wirtschaftsbosse und Politiker in Magazinen gern ehrfurchtsvoll gefragt. Diese antworten dann mit verbindlichem Lächeln und kurzer Marginalisierungsgeste entweder "Macht ist für mich Verantwortung" oder "Macht bedeutet für mich, gestalten zu können".

Ein bisschen ein komisches Gefühl bleibt übrig: Man weiß ja nie, wie viel auf der vermuteten "dunklen Seite der Macht" (um die Machtexpertin Christine Bauer-Jelinek und ihre Bücher zur hellen und dunklen Seite der Macht zu zitieren) da ist.

Oft bleibt der Eindruck, dass Macht, ihre Ausübung als Manipulation, ausschließlich mit funktionaler Legitimation zusammenhängt, nur von ihr "droht", dass die einen kraft ihres Amtes tun können, was "uns anderen" verwehrt ist.

Sieben alltägliche Strategien

Wie die Chefs das machen, darüber gibt es tonnenweise Literatur, auch Anleitungen, wie Macht als Manipulation auszuüben ist. Manipulative Machtstrategien sind aber nicht nur "Chefsache".

Dort, wo strategisch manipuliert und zum eigenen Profit gesteuert wird, sind die Strategien ähnlich. Und sie zu kennen, zu durchschauen, aufmerksam zu beobachten, wie die Manipulation anderer funktioniert, ist der beste Weg zum Schutz.

  • Eine besonders wirkungsvolle Manipulation passiert über Lob und Anerkennung, über Aufnahme in spezielle Kreise, über das Einbeziehen in vermeintlich kostbare Informationen. So kann das Bedürfnis nach Zugehörigkeit verwendet werden, um den Weg frei zu machen.

Denn: Wer einmal dazugehört, der hält meistens den Mund. Oder man erinnert ihn oder sie eben daran. Eine Portion Angst, und die Strategie geht auf. So lassen sich Gruppen steuern.

  • In der Politik zu beobachten: Konflikte streuen, spalten und ordentlich einheizen, die Leute beschäftigt halten, und dann als Retter derer in Erscheinung treten, die sich am meisten fürchten. Im Privaten zu sehen: einen Keil zwischen Freunde treiben, kleine Informationen streuen, Geheimnisse ausplaudern und das Gefühl von Unfairness, Unverlässlichkeit, und Misstrauen nähren.
  • Eine beliebte Taktik zum Steuern von Gruppen: Sorge für Aufregung, das kostet die Aufgeregten Kraft, und sie haben keine Energie mehr, auf eigene Gedanken zu kommen. Alles bestmöglich zu emotionalisieren, um einen gelassenen Zugang und eine gesunde Distanz zu verhindern, gehört auch in diese Strategiekiste.
  • Einzelne zum Schlingern bringen: wunde Punkte, Irritationspunkte, angreifen und damit lähmen. Schuldgefühle erzeugen, klein machen. Das erweist sich gerade gegenüber Frauen oft als wirkungsvoll, etwa in Rollenzerrissenheit: "Du hast doch Kinder und arbeitest so viel" oder "Du bist doch eigentlich emanzipiert, nicht?" Gern kommt das unter dem Deckmantel des Mitfühlens daher.
  • Aber es funktioniert auch anders herum: Manipulation durch das Vorgeben von Schwäche, von Hilflosigkeit. ("Ich kann das ja nicht"). Und schon rennen die anderen für dich, und du kannst dich bequem zurücklehnen.
  • Fragen sind in Umbruchzeiten bekanntlich gefährlicher als Antworten. Wer manipuliert, damit es nach seinen Vorstellungen läuft, der sorgt dafür, dass immer genug Antworten bereitstehen, egal wie sinnvoll oder nützlich sie sind. Sollten Fragen weiter formuliert werden, dann lassen sich diese durch Wiederholen, Zerlegen, Marginalisieren, Lächerlichmachen gut aus dem Weg räumen. Am Ende solcher Spiele weiß ohnehin keiner mehr, was eigentlich gefragt wurde, weil alles so verdreht ist, dass das Feld für die Strategie offen ist. ("So, wie ich sage, passiert es, und nicht anders.") Ein dicht gewobenes Netz von Antworten ist ein mächtiges Konstrukt manipulativer Macht.
  • Dort, wo Macht anderer entdeckt wird, muss sie natürlich aufgelöst werden. Entweder durch Einbinden ("buy in") oder, wenn das nicht gelingt, durch Korrumpieren und Vernichten. Beliebte Strategien dafür: unglaubwürdig machen, als emotionalisiert ("hysterisch") hinstellen, als "nicht belastbar", als "wandelnde Zeitbombe". Gerüchte streuen und diffamieren gehört auch dazu, in sozialen Medien den Ruf, so gut es geht, ankratzen. Auch wenn nicht alles kleben bleibt: Es kostet eine Menge Kraft, solche Kränkungen zu verarbeiten – und wieder ist Terrain gewonnen. Bloß nicht zu viel Energie verschwenden: Wer möchte, dass viele Menschen einen Saal verlassen, der kann entweder mit jedem Einzelnen reden oder ganz einfach "Feueralarm" schreien.

Wo Angst herrscht, da ist Manipulation besonders wirkungsvoll. Gelassenheit ist immer ein schlechter Nährboden für Manipulationsstrategien und daher ein guter Schutz. (Karin Bauer, 9.6.2016)