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1942-2016: Muhammad Ali.

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25. 5. 1965, Lewiston: Muhammad Ali hat Sony Liston mit einem kaum wahrnehmbaren Haken (Phantom Punch) gefällt. Der Forderung, gefälligst aufzustehen, entspricht der Herausforderer nicht.

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1. 10. 1975, Manila: Ali schlägt Frazier in der neunten Runde.

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14. 1. 2012, Louisville: Muhammad Alis 70er wird weltweit gefeiert.

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Louisville/Wien – Es wird noch einige Zeit viel vom letzten und zugleich härtesten Kampf des Muhammad Ali zu lesen und zu hören sein. Und dass er ihn am Freitag in Phoenix im Alter von 74 Jahren verloren hat, nachdem er am Vortag wegen Atembeschwerden ins Spital eingeliefert worden war. Vom Kampf gegen eine heimtückische Krankheit wird zu lesen und zu hören sein, die den Jahrhundertsportler, den größten Boxer aller bisherigen und zukünftigen Zeiten, ein weit über den Sport und seine Lebenszeit hinauswirkendes Idol niedergestreckt hat.

Muhammad Ali hat diese Krankheit, Morbus Parkinson, vielleicht ausgelöst durch, jedenfalls aber gepaart mit den Schäden, die eine Karriere als Profiboxer mit sich bringen, allerdings nie bekämpft, im Sinne von sich dagegen aufgebäumt. Er hat sie angenommen. "Es ist ein Test Gottes. Lieber leide ich jetzt, als im Jenseits", hat er, der immerhin die Hälfte seiner 50 Profigegner überlebte, einmal gesagt. Der letzte, der vor ihm ging, war Joe Frazier, vor dessen Sarg sich Muhammad Ali verbeugt hat. Ein darauf folgender, vor der Öffentlichkeit aber geheimgehaltener Zusammenbruch, kündigte das Ende an.

Frazier hatte Muhammad Ali schon vor Jahren gezwungen, einen Blick ins Jenseits zu werfen, damals im dritten Treffen der beiden, im Thrilla in Manila am 1. Oktober 1975. Der Sieger gestand später, nach Verlassen des Krankenhauses, dass er aufgegeben hätte, wenn Frazier es nach 14 dramatischen Runden nicht getan hätte. Er sei in dem Kampf dem Tode nah gewesen. Muhammad Ali sollte danach nur noch neun Kämpfe bestreiten. In den insgesamt letzten zehn Fights seiner Karriere hat er jedenfalls die schwersten der rund 29.000 Kopftreffer erhalten, die Statistiker für ihn errechnet haben.

Der Preis, den Muhammad Ali für seine Karriere, für seinen Weg zum bekanntesten Menschen des Planeten, bezahlt hat, erscheint angesichts der Ausgangsposition, die er vorfand, nicht zu hoch. Der spätere Champ wurde am 17. Jänner 1942 als Cassius Marcellus Clay Jr. eben in Louisville geboren. Der Vater, Cassius Marcellus Clay Sr., war Schildermaler und laut seinem berühmten Sohn "der beste Tänzer von Louisville", war ein Lebemann. Die vergötterte Mutter, Odessa Lee Grady, versuchte als Putzfrau und Köchin ihre beiden Söhne (Bruder Rudolph Valentino wurde 1944 geboren) durchzubringen. "Es gibt niemanden, der je so gut zu mir war", sagte Muhammad Ali einmal über sie.

Dokumente der Überlegenheit.
ElTerribleProduction
Zwei Legenden im kongenialen Gespräch: Muhammad Ali und BBC-Journalist David Frost.
Steve Lamb

Mit dem Boxen begann er aus Wut über den Diebstahl seines Fahrrades. Das Talent bahnte sich schnell seinen Weg, bis hin zum Gewinn der olympischen Goldmedaille im Halbschwergewicht bei den Spielen 1960 in Rom. Vier Jahre später war er noch als Cassius Clay durch einen eher sensationellen Sieg über Sonny Liston erstmals Schwergewichtsweltmeister. Wegen seines auch vom genialen Coach Angelo Dundee erdachten Auftretens, seiner aufreizenden Selbstsicherheit, seiner Spottverse auf die Gegner, seiner scheinbaren Maßlosigkeit ("I am the Greatest") ein reichlich unbeliebter. Der Beitritt zur Nation of Islam, die Annahme des Namens Muhammad Ali und der an Malcom X orientierte Einsatz eher für Separation, denn gegen die Diskriminierung der Schwarzen, machte zumindest für das weiße Amerika das Maß voll.

Wehrdienst verweigert

Die Stunde der Abrechnung schlug im Frühjahr 1967, als Muhammad Ali mit dem Argument, er habe keinen Streit mit dem Vietkong, den Wehrdienst und den damit theoretisch möglichen Einsatz im von ihm als rassistisch bezeichneten Vietnamkrieg verweigerte. Die dadurch vor allem außerhalb der USA steigende Popularität bezahlte Muhammad Ali mit dem Verlust der besten Jahre seiner Karriere.

Legendäres lieferten die Kämpfe ab Herbst 1970, also nach Aufhebung der Sperre, allemal – von den ersten beiden Treffen mit Frazier über den "Rumble in the Jungle" in Kinshasa gegen George Foreman und das letzte Duell mit Frazier in Manila, bis hin zum "Drama in Bahama", in dem der 38-jährige, von seiner Krankheit schon gezeichnete Muhammad Ali gegen Trevor Berbick zwar nochmals viel Geld, aber auch vernichtende Schläge kassierte.

Muhammad Ali, Sieger in 56 seiner 61 Profikämpfen, viermal verheiratet und Vater von neun Kindern, erlahmte danach wohl zusehends körperlich, aber nie im Engagement für seinen Glauben, gegen Rassismus und Armut. Dafür empfing der vom Internationalen Olympischen Komitee zum Sportler des Jahrhunderts Gekürte vielfache Ehrungen. Welche Auszeichnung ihm die wichtigste war? "Ich wünschte, die Menschen würden jeden anderen auch so lieben wie sie mich lieben. Es wäre eine bessere Welt." Muhammad Ali wird in seiner Heimatstadt Louisville im US-Bundesstaat Kentucky beerdigt werden. (Sigi Lützow, 4.6.2016)