Foto: Stereoptik

Wien – Der Zirkus ist in der Stadt. Und was für einer: eine Auswahl exquisitester Manegenkünstler, denen alles schiefgeht. Da fällt die Trapezartistin aus der Kuppel. Die Messerwerferin trifft daneben. Und dem Jongleur mit nur einer Kugel, diesem Großtäter der Reduktion, fällt eben jene auf den Kopf. Dark Circus heißt das Spektakel folgerichtig.

In einer ihrer seltenen Produktionen für die ganze Familie (ab sieben Jahren) haben die Festwochen Stereoptik ins Brut geholt. Seit 2009 bieten die beiden Franzosen in ihren Vorstellungen fingerfertiges Kino vom Feinsten. Sounds (Jean-Baptiste Maillet spielt mitunter drei Instrumente gleichzeitig) und Bilder (Romain Bermond) kommen dabei live vom Bühnenrand und treffen sich auf einer Leinwand dazwischen.

Wiener Festwochen

Das Prinzip des makabren Misslingens ist schnell klar und das erwartbare Spiel (wie anders als vom Löwen gefressen sollte der Dompteur sonst umkommen!?) macht einen schmunzeln. Staunen lassen aber die handwerklichen Register, die Stereoptik mit jeder neuen Nummer ziehen.

Comic und Tarantino

Mit bloßen Fingern, Stift, Kartonstücken, Sand und auf Papierrollen dahinziehenden Landschaften entstehen die Szenen vor den Augen des Publikums aus dem Nichts. Und noch während man rätselt, wie genau das vor sich gehen mag, zeigen sich schon neue bedrückende Wohnblocks, Wasserspiegelungen, Zooms. Manches ist comichaft, manches von reifer Graphic Novel-Qualität. Nicht minder raffiniert die Soundkulisse: sie würde einem Tarantino-Film ebenso zu Gesicht stehen. Das birgt enorme Möglichkeiten.

Dramatisch, düster, lakonisch kann dieser weitgehend (und in seinen besten Teilen) in schwarz-weiß bestrittene Abend sein. Zugleich aber auch herrlich leicht. Dass er nicht die ganz harte Tour einschlägt, mag an der Kindertauglichkeit liegen. Fantasievoll, erstaunlich und heftigst akklamiert. (Michael Wurmitzer, 5.6.2016)