Immobilienfonds wissen nicht wohin mit dem Geld von Investoren.

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Offene Immobilienfonds haben ein Luxusproblem: Sie wissen nicht, wohin mit dem vielen Geld, das sie zur Zeit von renditehungrigen Investoren angedient bekommen. Einige der Fonds, etwa von Union Investment, nehmen daher gar kein Kapital von Sparern mehr an.

Wegen weltweit massiv gestiegener Immobilienpreise in Folge niedriger Zinsen wird es für Fondsmanager immer schwieriger, geeignete Objekte zu finden. Die deutsche Ratingagentur Scope warnt daher vor steigenden Risiken für Fondsgesellschaften und Anleger.

Im ersten Quartal nahmen offene Immobilienfonds, die sich an Privatinvestoren richten, nach Angaben von Scope netto mehr als 2,8 Milliarden Euro ein. Das ist gut eine Milliarde mehr als vor Jahresfrist. 2014 waren der Branche insgesamt 3,9 Milliarden Euro zugeflossen, 2015 dann schon 5,3 Milliarden Euro.

Türen geschlossen

Dieses Jahr werde das Volumen noch einmal – allerdings nur leicht – zulegen, prognostiziert Scope-Analystin Sonja Knorr. Ein größeres Plus verhindere die aktuelle Praxis einiger Fonds, ihre Türen für Anleger geschlossen zu halten. Diejenigen, die noch Kundengelder annähmen, müssten sich auf höhere Zuflüsse einstellen.

Notenbanken rund um den Globus haben die Leitzinsen auf Rekordtiefs gesenkt, um die schwächelnde Konjunktur anzukurbeln. In den USA liegen die Zinsen derzeit bei nur noch 0,25 bis 0,5 Prozent, der Eurozone sogar bei null Prozent. Anleger weichen verstärkt auf Immobilien aus und treiben damit die Preise für Wohnungen und Bürogebäude in die Höhe.

Wer nicht direkt in ein Haus oder eine Wohnung investieren will, kauft Anteile an einem offenen Immobilienfonds. Dort sind die Renditen höher als bei Tagesgeld oder Bundesanleihen. In den vergangenen zehn Jahren warfen Immobilienfonds nach Angaben des Branchenverbands BVI im Durchschnitt drei Prozent ab. Die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe steuert dagegen auf die Null-Prozent-Marke zu.

Blick über Tellerrand

Um die horrenden Summen der Kunden anzulegen, schauen viele Fondsgesellschaften mittlerweile über den Tellerrand hinaus. "Wir sind regional aktiver geworden und schauen uns verstärkt in Nord- und Mittelamerika und Australien um", sagt Fondsmanager Peter Klingeisen von Union Investment. Zudem reduzieren Fonds ihre Verbindlichkeiten, stecken mehr Geld in die Renovierung und Sanierung von Objekten und kaufen häufiger Immobilien in sogenannten B-Lagen, also etwa in Randgebieten von Ballungszentren wie München, Frankfurt oder Hamburg.

Einige Fonds werfen Experten zufolge auch ein Auge auf Einzelhandelsimmobilien, Hotels und Industrieobjekte wie Lagerhallen oder Logistikzentren. Den Großteil ihres Geldes legen Immobilienfonds nach einer Helaba-Studie aber in Bürogebäuden an.

Risiko gegeben

"Den Fondsmanagern bleibt oftmals gar nichts anderes übrig, als in zweitklassige Lagen zu gehen", sagt Scope-Expertin Knorr. Denn wenn sie das Geld der Anleger nicht gleich unterbringen könnten, müssten sie Negativzinsen bezahlen. Diese gäben sie an Endkunden weiter, was die Renditen für die Fondssparer drücke.

Doch die Ausweitung des Anlageuniversums birgt Risiken: "Irgendwann werden sich die Immobilienmärkte wieder abkühlen und dann sind Objekte in schlechteren Lagen als erstes betroffen", warnt Knorr. Dort steige das Risiko von Leerständen, Mieten könnten sinken und die Preise der Immobilien verfallen. (APA, 8.6.2016)