Bester deutschsprachiger SF-Roman 2015: Andreas Brandhorsts "Das Schiff" (Piper).

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Bester ins Deutsche übersetzter SF-Roman: Neal Stephensons "Amalthea" (Manhattan).

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Beste Grafik bzw. Illustration: Dirk Bergers Titelbild zu "Nova 23" (Amrûn).

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München – 2015 war ein starker Jahrgang, was SF-Romane betrifft: Beim Kurd-Laßwitz-Preis (KLP), der renommiertesten Auszeichnung für SF-Literatur im deutschsprachigen Raum, waren heuer in beiden Romankategorien – der für deutschsprachige Originalveröffentlichungen und der für übersetzte Werke – die Kandidatenfelder prall gefüllt. Gewonnen haben jeweils die Autoren, die gleichermaßen beliebt und kommerziell erfolgreich sind: Andreas Brandhorst und Neal Stephenson.

Bester deutschsprachiger Roman

Im Fall des zum besten deutschsprachigen Roman gekürten Werks bedeutet dies einen Sieg für Andreas Brandhorst und sein "Das Schiff". Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Autor und Übersetzer ist seit den 70er Jahren aktiv, ursprünglich vor allem in Heftromanserien, seit dem neuen Jahrtausend in ambitionierter angelegten Epen ("Das Kosmotop", "Die Stadt").

Sein Siegertitel "Das Schiff" kehrt die gegenwärtige Situation der Raumforschung reizvoll ins Gegenteil um: Während heute Menschen Roboter zu anderen Himmelskörpern schicken, benötigen in Brandhorsts mehrere Jahrtausende in der Zukunft angelegter Romanwelt Maschinen Menschen für ebendiesen Zweck. Genauer gesagt die wenigen Menschen, bei denen die sonst übliche Unsterblichkeitsbehandlung nicht funktioniert, die dafür aber ihren Geist ins All schicken können. Hauptfigur des Romans ist ein solcher "Mindtalker", Adam, der im Verlauf der Handlung sein Leben und seine von Maschinen umsorgte Welt zu hinterfragen beginnen muss.

Auf die Plätze verwiesen wurden unter anderem "Das Licht von Duino", der Abschlussband von Frank W. Haubolds Science-Fantasy-Trilogie "Götterdämmerung" (Platz 2), und Frank Hebbens poetische Endzeiterzählung "Der Algorithmus des Meeres" (Platz 3).

Favorit gewinnt

Noch um eine Größenordnung populärer ist der US-amerikanische Autor Neal Stephenson, der mit "Amalthea" ("Seveneves") einmal mehr ein Werk in Gruftdeckel-Dimensionen veröffentlicht hat. Das dreigeteilte Epos reicht ebenfalls Jahrtausende in die Zukunft und erstreckt sich von der Zerstörung des Mondes über das Ende der erdgebundenen Zivilisation bis zur konfliktreichen Aufsplitterung der nun im Weltraum lebenden Restmenschheit in verschiedene Entwicklungslinien.

Geschlagen geben mussten sich China Miévilles von "Moby Dick" inspiriertes Jugendabenteuer "Das Gleismeer" (Platz 2) und Ann Leckies vieldiskutiertes "Die Maschinen" (Platz 3). "Das Gleismeer" (im Original "Railsea") heimste aber immerhin indirekt einen Preis ein – die Auszeichnung für die beste Übersetzung ging an Eva Bauche-Eppers, die Miévilles sprachlichen Furor auch auf Deutsch zu einer vergnüglichen Lektüre werden ließ.

Der Übersetzungspreis wird übrigens von einer Fachjury vergeben, während in den meisten Kategorien alle beruflich im SF-Bereich Tätigen (Autoren, Übersetzer, Journalisten usw.) zur Abstimmung aufgerufen sind. 75 nahmen diese Möglichkeit laut KLP-Organisator Udo Klotz heuer wahr: etwas mehr als im Vorjahr.

Weitere Kategorien

Den Preis für die beste deutschsprachige Erzählung erhielt Karsten Kruschel für sein in "Nova 23" erschienenes "Was geschieht dem Licht am Ende des Tunnels?", das die Brücke zwischen Horror und Popkultur schlägt und beschreibt, wie sich Bergleute der Zukunft durch die Müllschichten graben, die unser Zeitalter hinterlassen hat. Kruschel hat in den vergangenen Jahren vor allem Romane aus seinem "Vilm"-Universum veröffentlicht; der jüngste, "Das Universum nach Landau", ist gerade erst erschienen.

Das Titelbild von "Nova 23", gezeichnet von Dirk Berger, erhielt den Preis für die beste Grafik bzw. Illustration. In dieser Kategorie hat man insgesamt gesehen schon stärkere Jahrgänge erlebt. Zum besten Hörspiel wurde – wie bei den Übersetzungen durch eine Fachjury – Georg Heinzens im WDR ausgestrahltes "Sale" gewählt. Der Sonderpreis für herausragende (einmalige) Leistungen ging an Hannes Riffel, Sascha Mamczak und das Team des Golkonda-Verlags, die das von Heyne zu Golkonda gewanderte SF-Jahrbuch zusammenstellten: lobenswerte Aufrechterhaltung einer jahrzehntealten Tradition.

Den Sonderpreis für langjährige herausragende Leistungen schließlich erhielten Roger Murmann, Christian de Ahna, Birgit Fischer und Kurt Zelt für die Betreuung einer weiteren Institution, nämlich des BuchmesseCons, der im Oktober seine 31. Auflage erleben wird. Einen Monat zuvor, am 17. September, werden die nicht dotierten Kurd-Laßwitz-Preise beim ElsterCon in Leipzig übergeben. (Josefson, 9.6.2016)