Peter Hofmann, Künstler und Betreiber des Tanzcafés Jenseits in Wien, lebt inmitten biedermeierlicher Möbel und abgeschabter Wände. Doch sein innerstes Ich, das lauert irgendwo in einem Bauernhaus in Ungarn.

"Soweit ich weiß, wurden die Räume hier die längste Zeit als Tischlerei genutzt. Zuletzt war hier ein armenischer Kulturverein eingemietet, in dem Lesungen und Veranstaltungen stattgefunden haben. Und nun wohne ich hier mit meiner Kunst. Manche würden vielleicht Loft dazu sagen, ich bezeichne meine Wohnung lieber als Werkstatt. Das trifft's irgendwie besser.

"An manchen Tagen falle ich vom Bett direkt in die Kunstlust, und dann stehe ich stundenlang im Pyjama und male." Peter Hofmann und Hundedame Carla in seinem Wohnatelier.
Foto: Lisi Specht

Das Haus liegt im 15. Bezirk und ist so ein typisches Vorstadthaus mit Hinterhaus. Errichtet wurde es, würde ich meinen, irgendwann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gefunden habe ich es über einen Immobilienmakler. Alles noch lange vor Internet-Zeiten, ganz anders als heute! Ich bin einfach in die Kanzlei gekommen, und da gab es einen Holzkasten mit Karteileichen, mit scheinbar wirklich schwierigen Objekten, die nicht und nicht vermietet werden konnten. Dieses Ding war darunter. Was soll ich sagen? Es war einfach perfekt!

Foto: Lisi Specht

Meine Wohnwerkstatt liegt im ersten Stock, hat 150 Quadratmeter und teilt sich in zwei große Räume mit ein paar kleineren Nebenräumen sowie – und das ist das Wichtigste – in zwei räumliche Stimmungen. Fürs Wohnen brauche ich das Warme, das Biedermeierliche. Da bin ich wirklich konservativ veranlagt, mit einem Hang zum Historischen. Fürs Arbeiten jedoch brauche ich das Gegenteil. Ich brauche hässliches Licht, abgefuckte Wände und den herausfordernden Charme des Kaputten. Nur so kann ich mich gedanklich entfalten.

Ich habe alte Möbel von Altwarenhändlern, einen Fünfzigerjahre-Planschrank aus dem Möbelarchiv der Stadt Wien, historische Holzstühle vom Westbahnhof, einen Ladenschrank aus einer aufgelassenen Unterwäscheboutique, einen alten Billardtisch, ein paar alte Staffeleien, ziemlich angestaubte Teppiche, ein paar wunderschöne Klavierdecken von meinen Großeltern und einen schwarzen Empire-Tisch, den mir ein Freund einmal repariert und mit einer weißen Resopalplatte beschichtet hat. Der gefällt echt nicht jedem ...

Foto: Lisi Specht

Und so ist die Wohnung eine ziemlich wilde atmosphärische Mischung aus Abstellraum, Garage und Omamas Wohnsalon. Ich gedeihe in dieser Umgebung! Wiewohl ich sagen muss, dass mir der Ort in letzter Zeit gar ein bisschen zu biedermeierlich geworden ist. Weniger wäre mehr. Es braucht wieder das Ruppige und Rotzige, wenn ich mir das so anschaue.

Alles in allem bin ich wohl ein ziemlich eigenartiger Wohner. Ich habe dieses Wohnatelier im fünfzehnten, eine größere Bibliothek im achten Bezirk sowie eine Werkstatt bei Freunden – für große, sperrige Arbeiten. Außerdem ein Haus am Semmering, da ist es aber so wunderschön und malerisch, dass ich nicht wirklich künstlerisch arbeiten kann. Aber immerhin lesen, denken, schreiben, wandern. Und dann lebe ich noch auf einem kleinen Bauernhof in Ungarn, in einem kleinen Hühnerdorf nicht weit von Sopron.

Foto: Lisi Specht

Jede Wohnung hat eine andere Aufgabe. In Ungarn bin ich meist allein, da ziehe ich mich zurück, renoviere, baue ein bisschen um, kümmere mich um Obst- und Gemüsegarten, bastle an meiner Seele. Da finde ich, so scheint es mir, mein tiefstes, innerstes Ich. Der Nachteil ist natürlich, dass ich dort ziemlich asozial, introvertiert und ab vom Schuss bin.

Und hier im Fünfzehnten schätze ich, dass Wohnen und Arbeiten quasi nahtlos ineinanderfließen. An manchen Tagen falle ich vom Bett direkt in die Kunstlust, und dann stehe ich stundenlang im Pyjama in der Gegend herum, inmitten meiner Farbpinsel, umgeben von lauter Musik, und male und lese und male und lese. Kunst ist ein unentbehrlicher Teil meines Lebens. Ich bin süchtig nach einer Gegend, die mich inspiriert. Und ja, dieser Ort hier inspiriert mich sehr." (13.6.2016)