Als Tomislav Karamarko seinen Rücktritt als Vizepremier Kroatiens bekanntgab, schien das in diesem Augenblick nichts weiter als eine Notwendigkeit zu sein. Die Tragweite dieser Entscheidung für die kroatische Politik war in diesem Moment nur sekundär. Das lag auch daran, dass Karamarko nicht gleichzeitig von seiner Funktion als HDZ-Leader zurücktrat. Aber das ist nur noch eine Frage der Zeit: bis sich die HDZ intern auf einen Nachfolger einigt. Der bevorstehende Abschied von Karamarko bedeutet jedoch eine große Zäsur in der kroatischen Politik.

Wie unter Tudjman

Wer das politische Vorbild Karamarkos war, das gab er immer wieder zu Protokoll. "Franjo Tudjman war der größte Kroate des 20. Jahrhunderts," sagte Karamarko vor einigen Jahren gegenüber kroatischen Medien. Dass Tudjman in den letzten Jahren seiner Regentschaft Kroatien immer stärker zu einer illiberalen Demokratie umfunktioniert hatte, negierte Karamarko.

Er wünschte sich eine stärkere Tudjmanisierung des Adria-Staates. "Ich werde eine Detudjmanisierung nicht zu lassen," so Karamarko. Er wollte die HDZ zu alter Stärke wie zu Zeiten Tudjmans führen.

Und dafür war der ehemalige Vize-Premier bereit, alles in die Waagschale zu werfen. Aus einer christdemokratischen HDZ machte er eine nationalkonservative Partei mit klerikal-faschistoiden Elementen. Er erhoffte sich dadurch, die Mitte der Gesellschaft mit dem rechten Spektrum vereinen zu können. Schließlich hatten dies seine Vorbilder auch geschafft.

Aber er machte die Rechnung ohne die gemäßigten Wähler. Während er in rechten Kreisen immer populärer wurde, suchte die Mitte nach Alternativen und fand sie bei der letzten Parlamentswahl in der Partei Most. Und diese kostete Karamarko die erhoffte Position an der Spitze des kroatischen Staates.

Orešković – ein Dorn im Auge

Von da an ging es bergab für ihn. Seinem inneren Bestreben nach der absoluten Macht widersprach eine ihm übergeordnete Person, selbst wenn diese, wie im Falle von Tihomir Orešković, nur schwach Kroatisch sprach. Ein Zwist war da vorprogrammiert.

Und als dieser ausbrach, handelte Karamarko nicht im Sinne der Partei, sondern ließ sich bloß von seinem Machterhaltungstrieb leiten. Der Imageschaden für die kroatischen Christdemokraten wurde international immer größer.

Sein politischer Kurs hätte nur mit einer alleinregierenden HDZ aufgehen können. Für Koalitionen mit anderen moderaten und großen Parteien war dieser nicht ausgelegt. Dass sich eine neue Partei in das Wagnis einer Zusammenarbeit mit der Karamarko-HDZ warf, lag eher an einer verzweifelten politischen Pattstellung als an der Überzeugung der Partei Most, dass mit Karamarko eine Koalition möglich sei.

HDZ an einer Kreuzung

Tomislav Karamarko wird nach seinem endgültigen Ausscheiden aus der Führungsriege der HDZ diese an einer Kreuzung hinterlassen. Und diese Kreuzung befindet sich an einer Klippe. Während Karamarkos Weg schnurstracks ins Verderben führt, könnte ein neuer Kurs aus der HDZ eine moderne christdemokratische Partei machen.

Ein christdemokratischer Kurs würde sowohl den Handlungsspielraum der HDZ um viele Facetten erweitern wie auch die Wahl der potenziellen Koalitionspartner erhöhen. Mit so einer HDZ wäre sogar eine Großkoalition mit der SDP denkbar.

Für die beiden kroatischen Großparteien SDP und HDZ wäre eine Koalition eine Überlegung wert, schließlich mussten sie in den letzten Wahlen in Wahlbündnissen antreten, die sicherlich nicht ihrem Selbstverständnis entsprachen.

In Zeiten der Krise wäre eine Großkoalition, in der die dominierenden Parteien des Landes an weitreichenden Reformen arbeiten, dem Adria-Staat zu wünschen. Ob die kroatischen Großparteien dafür die Größe besitzen, hängt aber nicht nur von der neuen HDZ ab – auch in der SDP bräuchte es eine Öffnung zur Mitte. (Siniša Puktalović, 16.6.2016)