Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović plädiert für die Auflösung des Parlaments.

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Zagreb – Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hat sich am Freitag nach Konsultationen mit den Vertretern der Parteien dafür ausgesprochen, so bald wie möglich über die Auflösung des Parlaments abstimmen zu lassen. Denn keine der Parteien sei sicher, dass sie die notwendige Unterstützung von 76 Abgeordneten für die Bildung einer Regierung habe. Die Mehrheit der Abgeordneten sei für Neuwahlen, so Grabar-Kitarović.

Die Entscheidung der Präsidentin für Neuwahlen kommt nur einen Tag nachdem das Parlament für die Absetzung von Premier Tihomir Orešković gestimmt und damit die Regierung, die erst seit Jänner im Amt war, endgültig zu Fall gebracht hat. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben mit der Neo-Partei Most ausreichend Stimmen, um das Parlament aufzulösen.

Am Freitag hieß es, dass die Abstimmung bereits am Montag stattfinden solle. Allerdings dürfte das Parlament de facto erst am 15. Juli aufgelöst werden, weil vor der Sommerpause noch sehr viele Tagesordnungspunkte auf dem Terminkalender stehen. Demnach würde die Wahl wohl am 4. oder 11. September stattfinden. Grundsätzlich gilt für Neuwahlen eine Frist von 30 bis 60 Tagen nach der Auflösung des Parlaments. Der Chef der Sozialdemokraten (SDP), Zoran Milanović, hatte am Donnerstag die Bildung einer großen Koalition mit der konservativen HDZ ins Spiel gebracht – aber das gilt wohl nur für den Fall, dass die SDP die Wahl gewinnt und so in der Koalition die Führung übernehmen würde.

Bluff der HDZ ging nicht auf

Die HDZ, die mit den Stimmen der SDP am Donnerstag Orešković gestürzt hatte, behauptete am Freitag noch immer, über ausreichend Stimmen im Parlament für die Bildung einer neuen Regierung zu verfügen. Allerdings konnte sie diese nicht vorweisen. Offensichtlich hatte die HDZ in den letzten Wochen geblufft.

HDZ-Klubchef Ivan Šuker räumte ein, dass Kroatien durch die Regierungswirren ein Jahr für die Wirtschaft verloren habe. Innerhalb der HDZ gibt es viele, die mit dem Kurs von Parteichef Tomislav Karamarko unzufrieden sind. Er wird wohl nicht mehr als Kandidat für das Premierministeramt antreten. Karamarko musste wegen einer Affäre um die Zahlung von 60.000 Euro an seine Ehefrau Anna Karamarko durch einen Lobbyisten des ungarischen Erdölkonzerns Mol als Vizepremier zurücktreten und ist im Land unbeliebt.

Kulturminister Zlatko Hasanbegović, der rechte Ideologieträger der Partei, bekam beim jüngsten Parteikongress die meisten Stimmen. Der neue HDZ-Generalsekretär Domagoj Milošević gilt hingegen als Mann der Mitte, der auch auf die Vertreter der serbischen Minderheit zugeht. (Adelheid Wölfl, 18.6.2016)