Daniela Kraus beim GEN-Summit in Wien.

Foto: Luiza Puiu, European Forum Alpbach for GEN

Wien – Digitale Technologien haben in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch die Art beeinflusst, wie wir Nachrichten und Information konsumieren und produzieren. Wie die Vorträge und Diskussionen beim jährlichen Summit des Global Editors Network mit mehr als 700 internationalen Teilnehmern vergangene Woche in Wien gezeigt haben, geht die Transformation ungebremst weiter – in der Mediennutzung (hier die aktuellen Daten des Reuters Digital News Report) genauso wie bei Tools und Anwendungen von Newsgames über Roboter-Journalismus bis zu Virtual Reality.

Internet dezentralisieren

Doch bei allen technologischen Wow-Erlebnissen hinterließ anderes einen zentralen Eindruck: das Plädoyer der Redner und Rednerinnen für mehr Gestaltungswillen, Verantwortung und Mut zu gesellschaftlichen Visionen. "Wir sollten beginnen, wieder nachzudenken, bevor wir Inhalte in Plattformen wie Facebook oder Twitter füllen", schlägt der Autor Dan Gilmor vor. "Wir müssen das Internet wieder dezentralisieren."

Dunkle Zukunft

Eine dunkle Zukunft sieht auch der Autor und Medienkritiker Evgeny Morozov vor uns: Tech-Firmen machen globale Politik – weitgehend unbeachtet von Medien und Journalisten. Er fordert fundierte, tiefgehende und vor allem kritischere Berichterstattung über technologische Entwicklungen.

Algorithmen und ihre Eltern

Noch einen Schritt weiter ging die US-amerikanische Technologieexpertin Amy Webb. Sie meinte, Medienunternehmen müssten bei der Entwicklung ihrer Algorithmen, Personalisierungstools und anderer Anwendungen Gestaltungswillen zeigen: "Was ist die Zukunft? Sie ist etwas, das wir in der Gegenwart gestalten könnten. Algorithmen haben Eltern. Wir sind ihre Mütter und Väter." Im Jahr 2046 werde man erkennen, dass wir Programmen und Algorithmen strukturellen Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit beigebracht hätten. Aber dann werde es zu spät sein. "Aus diesem Grund sollten wir jetzt schon darauf achten, was wir unsere Maschinen lehren", so die Warnung von Webb.

Visionen entwickeln

In einem Punkt herrschte also Einigkeit: Auch wenn Technologiekritik und Datenschutz nicht immer sexy und einfach zu verkaufen sind – die Mediengesellschaft sollte den Mut haben, Visionen zu entwickeln, und sich nicht von der Technologie treiben lassen. Die Verantwortung liegt – noch – bei uns. (Daniela Kraus, 21.6.2017)