Benoîte Groult auf einem Archivfoto aus dem Jahr 1999.

Foto: APA/dpA/Hubert Link

Paris – Sie war eine streitbare Feministin und erlangte mit dem erotischen Roman "Salz auf unserer Haut" internationalen Ruhm: Im Alter von 96 Jahren ist die französische Schriftstellerin Benoîte Groult gestorben. Die Essayistin und Romanautorin starb in der Nacht zum Dienstag in der südfranzösischen Stadt Hyères, wie ihre Familie mitteilte.

"Sie ist im Schlaf gestorben, so wie sie es wollte, ohne zu leiden", sagte Groults Tochter Blandine de Caunes der Nachrichtenagentur AFP. "Der Tod ist ein Schock, aber es ist besser so, denn es ging ihr nicht sehr gut."

Zunächst Lehrerin und Journalistin

Groult, Nichte des bekannten Modeschöpfers Paul Poiret, wurde am 31. Jänner 1920 in Paris als Tochter einer Designerin und eines Innenarchitekten geboren. Nach einem Literaturstudium an der Pariser Sorbonne arbeitete sie zunächst als Lehrerin und dann jahrelang als Journalistin unter anderem beim französischen Rundfunk und für Magazine wie "Elle". Sie war fast 40 Jahre alt, als sie 1958 zusammen mit ihrer Schwester Flora ihr erstes Buch veröffentlichte. Ihren ersten eigenen Roman "Die Dinge, wie sie sind" veröffentlichte sie 1972.

Drei Jahre später wurde ihr feministischer Essay "Ödipus' Schwester – Zorniges zur Macht der Männer über Frauen" zum Bestseller und machte aus der zu diesem Zeitpunkt 55-Jährigen eine der bekanntesten Feministinnen des Landes. Ende der 70er-Jahre gründete sie zusammen mit Mitstreiterinnen das feministische Magazin "F Magazine" und leitete Mitte der 80er eine Kommission für geschlechtergerechte Sprache.

Bestseller über erfüllte weibliche Sexualität

Den größten internationalen Erfolg feierte die drei Mal verheiratete Schriftstellerin 1988 mit dem erotischen Roman "Salz auf unserer Haut": Die in expliziter Sprache geschriebene Liebesgeschichte zwischen einer Pariser Intellektuellen und einem bretonischen Fischer sorgte für Furore und wurde später von dem britischen Regisseur Andrew Birkin verfilmt.

Dass ihr weltweit mehr als drei Millionen Mal verkaufter Bestseller über Liebe ohne Schuldgefühle und erfüllte weibliche Sexualität einen selbst erlebten Hintergrund hatte, enthüllte die Autorin in ihrer Autobiografie, die auf Deutsch 1998 unter dem Titel "Leben heißt frei sein" erschien.

Befreiung der Frau

Die Autorin schrieb außerdem Bücher über historische Figuren, die für die Befreiung der Frau kämpften. So über die Revolutionärin Olympe de Gouges, die für die Rechte der Bürgerinnen eintrat und 1793 auf dem Schafott endete, oder über die französische Wegbereiterin der Gleichberechtigung, Pauline Roland.

Noch im hohen Alter nahm sie kein Blatt vor den Mund. "Mit dem Altern verschwinden die Frauen. Niemand schaut sie mehr auf der Straße an. Sie werden transparent, verlieren den Blick der Männer, die Angst vor dem Altern der Frauen haben und noch mehr vor alten Frauen, die sie anmachen", sagte sie 2012 der französischen Frauenzeitschrift "Elle". Benoîte Groult fand sich damit nicht ab. "Ich schaue den Männern immer noch nach", sagte sie vor wenigen Jahren.

Groult widmetet sich 2006 mit ihrem Werk "Salz des Lebens" einem neuen Thema: dem würdevollen Altern und Sterben. Aktiv war Groult auch in einer Sterbehilfe-Vereinigung und warf Frankreich vor, bei dem Thema "rückständig" zu sein. (APA, 21.6.2016)