Die Schauspielerin Katharina Stemberger wohnt in einem Hinterhaus in Wien-Margareten. Aktuell befindet sie sich in einer Phase der Reduktion. Ihre Teekannen-Sammlung aber, die wird sie wohl für immer behalten.

"Wenn ich nach Hause komme, habe ich insgesamt drei doppelflügelige Türen, die ich überwinden muss, ehe ich in meiner Wohnung stehe. Diese drei Schleusen sind essenziell, denn sie schirmen ab, sie beruhigen mich, sie sind wie ein Filter zwischen Außenwelt und Homebase.

"Während der Bauzeit habe ich jede Gage sofort in Quadratmeter umgerechnet!" Die Schauspielerin Katharina Stemberger in ihrem nun fertigen Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Gemeinsam mit meinem Mann Fabian Eder wohne ich im Hinterhof eines Gründerzeithauses in Margareten. Hier hinten im Backyard konnte ich in den letzten 20 Jahren stark werden. Wie so eine Pflanze, die man einmal irgendwo eintopft und dann nie wieder umtopfen muss. Und das ist wichtig, denn ich bin beruflich oft mit so hohem Tempo und so viel Wahnsinn unterwegs, dass ich diese tiefen Wurzeln dringend benötige.

Eingezogen sind wir 1997. Zu Beginn war das Haus ein besseres Gartenhäusel. Der Zustand war na ja. In den darauffolgenden Jahren haben wir die Fenster ausgetauscht, die Stiege errichtet, die Terrasse angebaut. Jedes Mal aufs Neue dachten wir uns: Wir Trotteln! Wieso buttern wir so viele Euros in eine Mietwohnung hinein? Es gab eine Zeit, da habe ich jede Gage sofort in Quadratmeter umgerechnet.

Fotos: Lisi Specht

Heute kann ich sagen, es war jedes Mal eine gute Entscheidung, auch wenn wir beide keine Erbschaften und keine Stiftungen im Rücken haben. Denn in all den Jahren wurde die Wohnung im Hinterhof mehr und mehr zu unserem Zuhause. Es ist so still, dass ich hier sogar schon mal einen Film synchronisiert habe. Wenn es warm ist, wohnen wir de facto die ganze Zeit draußen im Freien. Dann sind die Türen offen, dann sitze ich mit meinem Teehäferl auf den Stiegen, schaue ins Grüne und erfreue mich meines Glücks.

Wir wohnen inmitten von Flohmarktfunden, Geschenken von Freunden und Mitbringseln von Reisen. Aber wir nehmen niemals Nippes mit, sondern stets Dinge, die einen Zweck haben: Kochlöffel, Töpfe, Häferl, Besteck und, ja, Teekannen! Ich sammle Teekannen. Oder besser gesagt: Ich habe Teekannen gesammelt, bis ich eines Tages in London diese eine perfekte Teekanne gefunden habe, nach der ich ewig lange gesucht habe – eine versilberte, ziselierte, von einer Perfektion gekrönte Teekanne aus dem Jahr 1895, zum Niederknien schön! Tee trinken entspannt. Das haben die Briten absolut richtig erkannt. Aber keine Sorge: Meine Teekannen haben keine Namen, und ich spreche auch nicht zu ihnen.

Fotos: Lisi Specht

Und je mehr man so sammelt in seinem Leben, umso mehr merkt man eines Tages: Wozu das ganze Zeug? Mehr macht nicht glücklicher. Aber weniger macht leichter. Und so beobachte ich, dass ich mich jetzt – so irgendwie in meiner Lebensmitte, und das meine ich ernst, denn bei uns in der Familie werden die Frauen uralt, das sind alles Schildkröten – mehr und mehr von Dingen trenne. Von Schuhen, von Klamotten, von Möbeln, von Zeugs halt ... So befinde ich mich in einer Lebensphase der Reduktion, was auch zur Folge hat, dass wir keine einzige gemütliche Couch mehr haben, weil wir alle an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge verschenkt haben.

Wir sind alle miteinander verbunden. Wenn man das einmal geschnallt hat, dann ergeben sich daraus Lebensansichten, die die eigene Positionierung im Kosmos neu definieren, die das Kollektiv über das Ego stellen. Das macht es nicht unbedingt einfacher, aber es macht's tröstlich. Später dann, wenn ich auch eine Schildkröte geworden bin, möchte ich mit meinen Liebsten in einem Steinhäuschen am Meer leben, mit einer Palme, einem Jasmin und einem Zitronenbäumchen. Und dann fliege ich weg." (27.6.2016)