Im Bau vor allem großer Kombis hat Volvo jahrzehntelange Erfahrung.

Foto: Volvo
Grafik: der Standard
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Estepona – Die Zeit um Mittsommernacht zählt zu den höchsten der Gefühle in Schweden. Tagelang steht alles still. Und dann? "Weckt mich von meinem Blumenbett ein Engel?" Frug William Shakespeare, der vor 400 Jahren das Zeitliche segnete, in seinem Mittsommernachtstraum. Vielleicht ist das Lancement von S90 und V90 gerade zur Mittsommernacht nur Zufall, vielleicht nahm Volvo sich aber auch selbst in die Pflicht und suggeriert nun, mit Limousine und Kombi der 90er-Baureihe gleich zwei Mittsommernachtstraumwagen hergezaubert zu haben, die sich vor der Konkurrenz nirgendwo zu verstecken brauchen.

Auto und Elch: mit Sensorik gegen ungeplanten Knutscheffekt.
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Die Neuerfindung der seit 2010 in chinesischer Hand (Geely) befindlichen Marke nahm 2015 mit dem XC90 konkrete Form an. Schon da zeichnete sich ab, dass mit Volvo wieder zu rechnen ist. Speziell hinsichtlich Design und (Sicherheits-)Technik, und mit letzterem Punkt steigen wir ein in den S90 und V90. Die darin installierte "City Safety" erkennt erstmals außer Fahrzeugen, Fußgängern und Radfahrern auch große Wildtiere (wobei Elche in unseren Breiten eher selten zu detektieren sein werden) und leitet notfalls eine automatische Bremsung ein.

Pilot Assist serienmäßig

Volvo sieht das als weiteren Mosaikstein auf dem Weg zum unfallfreien Fahren – ebenso wie die nächsten Schritte hin zum autonomen Fahren. Der serienmäßige Pilot Assist II funktioniert bereits bis 130 km/h, funktioniert sogar gut, solange die Straßenmeisterei bei den Fahrbahnmarkierungen nicht geschlampt hat, wir haben das auf Südspaniens Autobahnen ausprobiert und immer wieder ein paar Sekunden die Hände vom Steuer genommen. Mehr geht aus rechtlichen und versicherungstechnischen Gründen noch nicht.

Der V90 verzichtet nun zugunsten des Lifestyle-Aspekts auf ein wenig Ladevolumen.
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Apropos mehr: Deutlich mehr Kombis als Limousinen verkauft der Hersteller traditionell in Österreich. Der V90 übernimmt dabei die Rolle des großen Volvo-Kombis, die hatte zuletzt der V70 inne. Schöner Kombi, der 90er, keine Frage, eine hochgradig ästhetische Erscheinung. Mit ihm bringt Volvo aber anstatt des ultimativ voluminösen Lademeisters einen Typen im Lifestyle-Zuschnitt. Und so wurde die Heckscheibe nicht mehr von einem Göteborger Maurermeister mit dem Lot eingemessen, sondern steht schräg wie im legendären P1800 ES "Schneewittchensarg".

Zahlenspiel

Bedeutet: extrem durchdachter und nobel austapezierter Kofferraum, aber etwas weniger Platz. Zum Vergleich: Der V70 schluckte bei 4,81 m Länge und 1,55 m Höhe 575 bis 1600 Liter Gepäck, der V90 kommt bei 4,94 m Länge (27 mm kürzer als der S90) und 1,48 m Höhe auf 560 bis 1526 l (E-Klasse T-Modell: 600-1855, Skoda Superb Combi: 660-1950 l).

die Limousine S90 setzt auf Eleganz statt Protz.
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Limousine wie Kombi fahren sich ausgesprochen komfortabel, innen herrscht skandinavische Wohlfühlatmosphäre, und an Motoren stehen zum Start je zwei Diesel und Benziner zur Auswahl, allesamt 4-Zylinder mit 2,0 Liter Hubraum. Beim T6 (320 PS) wäre vielleicht ein etwas sonorerer Sound angebracht, an der Performance gibt es nichts auszusetzen. Vom sparsamen D5 (235 PS) hingegen würde man sich mitunter mehr Entschlossenheit beim Kickdown erwarten. Ende des Jahres kommt noch ein 150-PS-Diesel (D3; ab 39.800 €), der NoVA-freie Plug-in-Hybrid T8 folgt früh 2017. (Andreas Stockinger, 29.6.2016)