Die Dissertation des steirischen Wirtschafts- und Kulturlandesrat Christian Buchmann (ÖVP) steht unter Plagiatsverdacht.

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Graz/ Wien – Die von der Universität Graz als "sehr schwerwiegend und konkret" beurteilten Plagiatsvorwürfe gegen den steirischen Wirtschafts- und Kulturlandesrat Christian Buchmann (ÖVP) lösen auf universitären Boden jetzt geharnischte Reaktionen aus. Der Präsident der Universitätenkonferenz, Oliver Vitouch, kritisiert im Gespräch mit dem STANDARD den seiner Meinung nach allzu saloppen Umgang der Landespolitik mit den Plagiatsvorwürfen. Speziell die nonchalante Art, mit der Buchmann, aber auch Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) die Vorwürfe vom Tisch wischten, irritiert Vitouch.

Der Salzburger Plagiatsforscher Stefan Weber war zuletzt in einem Gutachten über Buchmanns im Jahr 2000 verfasste Dissertation zu dem Schluss gekommen, der Politiker habe seine Doktorarbeit zu 30 Prozent ohne Quellenangaben abgekupfert – auch aus Artikeln der Wirtschaftsbund-Zeitung "Mut", Großteils aber aus deutscher Fachliteratur. Buchmann war zu diesem Zeitpunkt Wirtschaftskammerfunktionär und Grazer ÖVP-Gemeinderat.

"Viele haben schon geschummelt"

In einer ersten Reaktion blockte Buchmann ab. Wie immer die von der Universität in Auftrag gegebene weitere Prüfung ausfallen werde, er sehe keinen Anlass für Konsequenzen. Sollten aber die Vorwürfe bestätigt werden, spiele er sich mit dem Gedanken, "eine neue Arbeit zu verfassen". Der Koalitionspartner in der Landesregierung, Landeshauptmann-Stellvertreter Schickhofer, stellte sich in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" schützend vor Buchmann. Dieser sei ein "hervorragender Wirtschaftslandesrat", die Causa in erster Linie seine persönliche Angelegenheit. Schickhofer: "Und wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Es gibt wahrscheinlich viele, die vor 20 Jahren bei einer Prüfung einmal geschummelt haben."

"Es gilt die Unschuldsvermutung"

Durchaus scharf ins Gericht geht Rektorenpräsident Vitouch mit den "politischen Verniedlichungsversuchen" von Plagiatsvorwürfen. "Ein Dissertationsplagiat ist kein Kavaliersdelikt", moniert Vitouch. Ein derartiger Umgang mit den Grundwerten der Wissenschaft sei "bedenklich". Ernste Plagiatsvorwürfe als "Schummeln" zu bagatellisieren will der Präsident der Universitätenkonferenz jedenfalls nicht durchgehen lassen. "Ich möchte vorausschicken: Es gilt für Herrn Buchmann natürlich die Unschuldsvermutung. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, haben solche Fälle in Deutschland, wie in der Causa Guttenberg, aber auch schon zu Rücktritten geführt."

Auch im Fall des letztlich zurückgetretenen deutschen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg habe es zuvor Versuche gegeben, "die Sache herunterzuspielen", sagt Vitouch. Die Universitäten hätten mittlerweile jedenfalls ein gutes Instrumentarium, um Vorwürfe wie jene gegen Buchmann genau zu prüfen.

"Ein dicker Hund"

Bei Buchmann werde entscheidend sein, wie gravierend die Vorwürfe letztlich beurteilt werden und ob die Verstöße, sollten sie auch in den weiteren Expertisen dokumentiert werden, vorsätzlich waren. Und vor allem, ob wesentliche Teile der Arbeit betroffen sind. Die von Plagiatsgutachter Weber erhobenen 30 Prozent der Arbeit, die nach dessen Meinung abgeschrieben wurden, seien ohne Zweifel "ein dicker Hund", sollten sie bestätigt werden, sagt Vitouch.

Auch der Präsident der steirischen Industriellenvereinigung und Universitätsrat der Technischen Universität Graz, Jochen Pildner-Steinburg, zeigt sich einigermaßen echauffiert über die Äußerungen Buchmanns und Schickhofers. "Man muss natürlich abwarten, was die Prüfung der Universität ergibt. Zu den Aussagen der beiden Politiker möchte ich aber allgemein der Politik und den Politikern dringend empfehlen, in ihrer Vorbildfunktion für die Gesellschaft mit Werthaltungen, für die sie an sich ja stehen, sorgsamer umzugehen." (Walter Müller, 30.6.2016)