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Profitiert hat Graziano Pellè auf seinem langen Weg auch von seiner Erfahrung als Tänzer.

Foto: Reuters/Staples

Witze mit seinem Namen ist Graziano Pellè gewohnt. Der aktuelle liegt nach seinen EM-Toren gegen Belgien und Spanien auf der Hand: Auf das Poster des Kinofilms über Brasiliens Fußballlegende Pelé montierten findige Fans das Gesicht des Italieners. Der Titel blieb der alte: "Die Geburt einer Legende." Für Graziano Pellè ist die EM in Frankreich tatsächlich eine Art Geburt.

30 Jahre alt ist der Torjäger schon, doch jahrelang hatten ihn weder Tifosi noch Nationaltrainer auf dem Schirm. Vor dem Viertelfinale gegen Deutschland am Samstag in Bordeaux gilt er plötzlich als Italiens gefährlichster Stürmer. Dabei hätte Pellè beinahe einen anderen Weg eingeschlagen. Im Alter von elf Jahren wurde er italienischer Meister im Turniertanz, seine Partnerin war seine ältere Schwester Fabiana. Oft fuhr er direkt vom Fußballtraining in den Tanzsaal von Porto Cesareo, umziehen musste er sich im Auto.

"Meine Mutter wollte, dass ich tanze, mein Vater war für Fußball", sagte Pellè vor der EM der Gazzetta dello Sport. "Irgendwann musste ich mich für eine Karriere entscheiden. Nun, schwer fiel mir das nicht", sagte der 1,94 m große Stürmer. Pellè wählte den Fußball – es zahlte sich aus, wenn auch spät. Jahrelang tingelte er durch zweitklassige Ligen. 2009 wurde Pellè mit AZ Alkmaar unter Louis van Gaal sensationell niederländischer Meister, spielte aber kaum. Erst 2012, da war Pellè schon 26, kam der Durchbruch. Bei Feyenoord Rotterdam erzielte er in 66 Spielen 55 Tore, Trainer Ronald Koeman nahm ihn daraufhin mit zum FC Southampton. Im Oktober 2014, im Alter von 29 Jahren, gab er endlich auch sein Debüt für Italiens Squadra Azzurra. Inzwischen steht er bei sieben Toren aus 16 Länderspielen.

Profitiert hat Graziano Pellè auf seinem langen Weg auch von seiner Erfahrung als Tänzer. "Das hat geholfen, besonders bei der Koordination" , sagt er und zählt auf: "Walzer, Cha-Cha-Cha, Tango, ich habe alles getanzt. Wissen Sie, was ich jederzeit könnte? Ich könnte vorgeben, keine Ahnung vom Tanzen zu haben – und dann alle verblüffen." Bei der EM tänzelt "Il ballerino" dann auch an seinen Gegenspielern vorbei, als hätten diese zwei linke Füße.

Auf der Tribüne immer mit dabei ist seine Verlobte Vicky Varga (21). Das ungarische Model nimmt stets eine aufblasbare Puppe ihres Traumprinzen mit, wie beim echten Graziano sitzt auch beim Gummi-Graziano die Frisur perfekt. Bei den Frauen steht der "Cristiano Ronaldo Süditaliens" ohnehin hoch im Kurs. Als Fußballer ist er jetzt auch eine große Nummer. Noch keine ganz so große wie Francesco Graziani, Weltmeister 1982, nach dem er benannt ist. Aber das kann ja noch werden. (sid, red, 30.6.2016)