Durch fleißiges Arbeiten füllt sich das Sparschwein nur gemächlich. Für größere Vermögen sind Erbschaften hilfreich, sagen Ökonomen.

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Wien – In den vergangenen Jahren hat der Franzose Thomas Piketty mit seinem Buch Kapital im 21. Jahrhundert für Schlagzeilen in Europa und den USA gesorgt. Der Ökonom warnt in seinem Bestseller unter anderem davor, dass sich die stark anwachsenden Vermögen durch Erbschaften in den Händen einiger weniger konzentrieren. Eine Studie der Oesterreichischen Nationalbank liefert nun neue Informationen zur Rolle von Erbschaften in Österreich.

Etwa die Hälfte der Menschen hat in Österreich Eigentum, besitzt also Wohnung oder Haus. Jeder Dritte davon hat es geerbt, so die OeNB-Studie, deren Zahlen auf einer großangelegten Befragung von rund 3.000 Haushalten beruhen. Die restlichen zwei Drittel der Eigentümer haben das Geld für den Erwerb von Wohnung oder Haus ebenfalls vor allem aus Erbschaften lukriert, so der Bericht.

17 Milliarden jährlich vererbt

Ein Beispiel: Unter den 50- bis 64-jährigen Eigentümern haben 57 Prozent schon einmal etwas geerbt. Bei den gleichaltrigen Mietern sind es nur 21,5 Prozent. Wie hoch ein durchschnittliches Erbe in Österreich ist, wird im OeNB-Bericht nicht erwähnt. Eine Studie der Wirtschaftsuni Wien aus dem Jahr 2013 schätzt aber, dass derzeit etwa 17 Milliarden Euro im Jahr vererbt werden.

Schon aus vorherigen Studien ist bekannt, dass Menschen mit höheren Einkommen mehr erben als schlechter verdienende. Ähnlich verhält es sich bei den Vermögen: Wer höhere Vermögen besitzt, erbt deutlich wahrscheinlicher als jemand, der weniger hat. Die neue OeNB-Studie zeigt, dass es auch große Unterschiede nach dem Bildungsabschluss gibt.

Besser gebildete erben eher

Bei der Befragung wird die Person um Antworten ersucht, die die Finanzsituation des Haushalts am besten kennt. Hat diese sogenannte "Referenzperson" Matura oder Uni-Abschluss, haben 43 bis 46 Prozent der Haushalte schon einmal etwas geerbt. Hat sie maximal eine Lehre abgeschlossen, so geht die Wahrscheinlichkeit, ein Erbe zu erhalten, auf weniger als ein Drittel zurück.

Die Rolle von Erbschaften ist Thema zahlreicher Forschungsarbeiten. So kommt eine Studie des Osteuropa-Instituts WIIW zum Ergebnis, dass Erbschaften für den Aufbau von Vermögen in Österreich mehr als doppelt so wichtig sind wie Einkommen.

Eine OeNB-Studie vom Vorjahr ergab, dass in keinem anderen Land der Eurozone Erbschaften für den Aufstieg im sozialen Gefüge so wichtig wie in Österreich sind. Erbschaften werden Ökonomen zufolge künftig noch wichtiger, weil es mehr alte Menschen und höhere Vermögen gibt. (Andreas Sator, 2.7.2016)