Sharon Dodua Otoo (44) überzeugte heuer beim 40. Bachmann-Preis.

Foto: ORF / Johannes Puch

Ihr Name fällt in dieser Liste bisher sicher am meisten auf. Sie sei verblüfft, bekannte Sharon Dodua Otoo in einer ersten Reaktion auf den Gewinn des 40. Bachmann-Preises. Vielleicht noch verblüffter, als jeder andere Gewinner es gewesen wäre: Normalerweise schreibt die 1972 mit ghanaischen Wurzeln in London geborene Autorin auf Englisch.

Ein "Experiment" nannte sie ihre auf Deutsch verfasste Einreichung Herr Gröttrup setzt sich hin am Sonntag. Sie habe nicht wirklich damit gerechnet, dass der Text an die Öffentlichkeit komme, so Otoo – im Gegensatz zu ihren bisher publizierten Kurzgeschichten und zwei Novellen, die in Übersetzungen als die dinge, die ich denke, während ich höflich lächle (2013) und Synchronicity (2014) vorliegen.

Deutsch hat die Mutter von vier Söhnen bereits in der Schule in England gelernt. Die drei Artikel habe sie ganz lustig gefunden. Aus lustig wurde schließlich Lust an der fremden Sprache, nach einem Jahr als Au-pair in Hannover begann sie in London ein Germanistikstudium, daraus ergab sich ein erstes Auslandsjahr in Berlin, wo sie seit 2006 "lebt und lacht".

Aktivistin für Diversität und gegen Diskriminierung

Daneben ist Otoo Aktivistin in der Initiative "Schwarze Menschen in Deutschland" und Projektkoordinatorin bei der Regionalen Arbeitsstelle Berlin. Außerdem verfasst sie Artikel und Kommentare zu Diversität und Diskriminierung mit Fokus auf Feminismus, Kultur und Bildung für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften wie die an.schläge, den Tagesspiegel, den African Courier.

Dank des Polsters von 25.000 Euro Preisgeld will sich die zu alldem noch als Herausgeberin der englischsprachigen Buchreihe "Witnessed" und im Verlag für antidiskriminierendes Handeln "w_orten und meer" Tätige nun intensiver dem eigenen Schreiben widmen. Thematisch kreist jenes v. a. um Identitäten, Beziehungen und Feministisches, gerne arbeitet Otoo dabei mit "Humor, Irritation und Überraschungen". Wofür ihr von Jurorin Sandra Kegel nach Klagenfurt geladener Text beileibe kein schlechter Beweis ist.

Vom Brexit ist Otoo, die auch einen Abschluss in Management Studies hat, "erschüttert". Dass die Bundespräsidentenwahl hierzulande wiederholt werden muss, sorgt sie. Insofern sei es "wunderbar, dass heuer so viele fremde Stimmen im Bewerb waren. Es ist ein schönes Zeichen, dass eine Person, die nicht deutschsprachig aufgewachsen ist, hier teilnehmen und gewinnen kann." Und eine Perspektive mehr auf die Welt beiträgt. (Michael Wurmitzer, 3. 7. 2016)