Ärzte demonstrieren gegen die Kürzung der Höchstarbeitszeit im vergangenen Jahr.

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Wien – Ab kommenden September sollen laut Ärztekammer rund 40 Nachtdienste "ersatzlos" gestrichen werden. Der Rest soll in 12,5 Stunden lange "Schichtdienste" verwandelt werden. "Das ist ein glatter Vertragsbruch", kritisiert Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer für Wien. Dies würde zu einer schlechteren Versorgung sowie längeren Ambulanz- und OP-Wartezeiten führen. Zwar hätten die Ärztevertreter einer Flexibilisierung der Arbeitszeit zugestimmt, allerdings nur unter Auflagen – etwa dem Ausbau der Notaufnahme oder, dass bestimmte ärztliche Tätigkeiten künftig auch vom Pflegepersonal übernommen werden. Entsprechende Projekte seien teilweise zwar im Laufen, es sei noch nicht zu 100 Prozent umgesetzt, sagt Szekeres.

Ärztekammer droht mit Kampfmaßnahmen

Jetzt will die Ärztekammer Konsequenzen ziehen und droht mit Kampfmaßnahmen. Wie diese genau aussehen werden, ist noch unklar. Szekeres plant zuerst eine Umfrage unter seinen Kollegen, um unterschiedliche Maßnahmen abzustimmen.

Umschichtung der Dienstzeit

"Stimmt nicht", sagt Michael Binder, Leiter des Health Care Management im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) zu dem Vorwurf des Vertragsbruchs. In Absprache mit den ärztlichen Direktoren der Spitäler sei ein Plan zur Umsetzung des 2015 beschlossenen neuen Arbeitszeitmodells erstellt worden. Unter die Vereinbarung fiel unter anderem die Änderung, dass Nachtdienste erst am Abend und nicht wie bisher um 13 Uhr beginnen sollen sowie die Reduktion von diesen Diensten. Ziel der Maßnahme sei, dass die Dienstzeit auch beim Patienten ankomme.

Die gekürzten Nachtdienste würden in den Tag verlagert, wo sie dringender benötigt würden. Wenn keine Patienten, aber viele Ärzte im Spital sind, sei dies "rausgeschmissenes Steuergeld", sagt Christoph Wenisch vom Kaiser Franz Josef-Spital. Seine Abteilung habe bereits auf das neue Modell umgestellt. Das "Gros" an Arbeit mache in der Nacht mittlerweile sowieso die Pflege. Durch die Kürzung der 25-Stunden-Dienste auf nur 12,5 Stunden seien die Ärzte zudem ausgeschlafener, was die Sicherheit der Patienten erhöhe. Fix sei, so der KAV, dass "kein einziger Dienstposten" gestrichen würde.

Kürzung auch der Höchstarbeitszeit

Ein weiterer Kernpunkt der Umstellung des Dienstzeitmodells, die wegen einer EU-Richtlinie nötig wurde, war eine Verminderung der zulässigen Höchstarbeitszeit auf durchschnittlich 48 Wochenstunden im Durchrechnungszeitraum von 26 Wochen. Die Normalarbeitszeit soll bei 40 Stunden liegen. Dagegen protestierten die Ärzte bei den Verhandlungen, da sie Gehaltskürzungen durch den Verlust von Zulagen befürchteten. Um dem entgegenzuwirken, einigte mach sich auf höhere Grundgehälter.

"Alle Ärztegehälter sind erhöht worden", versichert Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Direktorin für Organisationsentwicklung im KAV. Im Gesamtpaket wurden die Grundgehälter aller Ärztegruppen um 30 bis 55 Prozent gehoben. So haben Fachärzte der ersten Gehaltsstufe vor der Anpassung 3.086,82 Euro pro Monat verdient, aktuell verdienen sie 5.040 Euro und ab 1.1.2017 sollen sie 5.275 Euro im Monat bekommen. In der höchsten Stufe wurde das Monatsgehalt auf 7.952,30 Euro gehoben. Die Kosten für den KAV und die Stadt Wien betrugen etwa 67 Millionen Euro.

Trotzdem kommt weiter Kritik von der Ärztekammer: "Das Wiener Spitalsystem wird kaputt gespart", sagt Wolfgang Weismüller, Vorsitzender des Personalgruppenausschusses für Ärzte im Wiener KAV. Früher habe man durchschnittlich 55 Stunden in der Woche gearbeitet, nun sollen es nur noch 42 Stunden sein. "Das sind im Durchschnitt 13 Stunden weniger pro Arzt." Die Stunden würden nun fehlen. (Oona Kroisleitner, 4.7.2016)