Wien – Die Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre ist am Mittwoch im Nationalrat beschlossen worden. Die Verhandlungen mit den Grünen, auf deren Stimmen die Koalitionsparteien angewiesen waren, liefen bis zuletzt. Die Grünen hatten als Ausgleich für das Ausklammern der Asylsuchenden aus der Ausbildungspflicht abfedernde Maßnahmen gefordert.

SPÖ, ÖVP und Grüne einigten sich schließlich während der laufenden Plenarsitzung auf die Reform, die vorsieht, dass alle Jugendlichen bis 18 Jahre eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung absolvieren. Wer keine solche Ausbildung besucht, muss im Ernstfall sogar mit Geldstrafen rechnen, wobei Sozialminister Alois Stöger angekündigt hat, bis 2018 von dieser Strafoption keinen Gebrauch machen zu wollen. Auch bestimmte freiwillige Leistungen wie das freiwillige soziale Jahr werden für die Ausbildungspflicht anerkannt.

Dass die jungen Asylwerber von der Ausbildungspflicht ausgeklammert sind, hatten die Grünen zuerst zu bekämpfen versucht, schließlich stimmten sie zu, forderten aber Ausgleichsmaßnahmen. Diese liegen nun auf dem Tisch: Per Entschließungsantrag wurde zugesichert, dass für junge Asylwerber zusätzliche Sprach- und Alphabetisierungskurse angeboten werden. Das Volumen dieses Angebots liegt bei 27 Millionen Euro.

Mehr regionale "Mangelberufe"

Versprochen wurde auch, dass die regionalen AMS-Stellen zusätzliche Berufe als "Mangelberufe" definieren können – in solchen Berufen können junge Asylsuchende nämlich eine Lehre absolvieren, wenn sich dafür ein Ausbildner findet.

Die Grünen hatten in ihrer Forderung nach zusätzlichen Bildungsangeboten nicht nur auf die UN-Kinderrechtskonvention verwiesen, die ein Recht auf Bildung für alle Heranwachsenden unabhängig von der Herkunft vorsieht, sie argumentieren auch pragmatisch: Asylsuchende, die teilweise jahrelang auf ihren Bescheid warten müssen und bis dahin nicht ins Bildungssystem integriert sind, würden das Budget später stärker belasten, weil sie zur Hochrisikogruppe für wiederkehrende Arbeitslosigkeit zählen. Zudem seien junge Menschen, die weder ins Bildungssystem noch in den Arbeitsmarkt eingegliedert sind, anfälliger für Extremismus, meint Grünen-Abgeordnete Birgit Schatz.

Zu alt für Schulpflicht

Kritik am Ausklammern der Asylwerber aus der Ausbildungspflicht kam von der Asylkoordination: Es gebe einige junge Flüchtlinge, die nicht mehr schulpflichtig sind, aber in ihren Herkunftsländern nie die Chance auf Basisbildung hatten. Sie hätten es in Österreich besonders schwierig, Pflichtschulabschlüsse nachzuholen, zumal sie oft in entlegenen Quartieren untergebracht sind. (Maria Sterkl, 7.7.2016)