Vorstellungsgespräch war gestern. Heute ist Event-Recruiting, wenn es um das Finden besonderer Talente geht. Und wenn der Konzern (auch) im Luxussegment tätig ist, dann wird ordentlich Geld in die Hand genommen. Kürzlich etwa beim L'Oréal-Brandstorm-Wettbewerb. In einem luxuriösen Pavillon in Paris wurden die Ideen von Studierenden aus der ganzen Welt präsentiert, kritisiert, besprochen und schließlich gefeiert.

Für den Abschlussevent des Brandstorm-Wettbewerbs mietete L'Oréal den historischen Pavillon des Étangs im 16. Pariser Arrondissement.
Foto: Ho

Ein schickes Anwesen an einem Teich. Junge Männer im Anzug trinken Champagner. Junge Frauen in eleganten Kleidern schieben Häppchen in ihre geschminkten Münder und lachen werbeplakatreif. Dann ruft der Gastgeber in den Saal nebenan. Die Studierenden nehmen Platz, Scheinwerfer tunken ihre Köpfe in violett-blaues Licht. Elektronische Musik, ausgelassene Stimmung. Neben der Bühne sind Flachbildschirme montiert. Eigenwerbung, überall angebracht, lässt keinen Zweifel daran, worum es an diesem Abend vor allem gehen soll: die Dermokosmetikmarke La Roche-Posay.

Eine Riesenbühne, Scheinwerfer und Kameras sorgen für den Showeffekt.
Foto: Ho

Zu L'Oréal gehören auch Garnier, Maybelline, Vichy sowie die Luxusmarken Lancôme und Yves Saint Laurent. Rund 25 Milliarden Euro Umsatz erzielte der Kosmetikriese 2015. Das jährliche Recruiting-Event lässt man sich sichtlich einiges kosten, wie viel genau, will man nicht preisgeben.

Insgesamt 15.000 Teilnehmer

In Frankreich gestartet, wurde der Brandstorm sukzessive auf die ganze Welt ausgeweitet. Beim diesjährigen, mittlerweile 24. Durchgang nahmen insgesamt 15.000 Studierende aus 58 Ländern teil. Die Challenge: eine digitale Strategie für La Roche-Posay zu entwickeln, um die Zielgruppe 15 bis 25 anzusprechen. Präsentiert wurden die fertigen Konzepte zunächst an den jeweiligen Unis, danach vor einer nationalen Jury, schließlich im Halbfinale in der Pariser L'Oréal-Zentrale. Wer sich auch da durchsetzte, darf auf der leuchtenden Bühne neben dem historischen Pavillon auftreten.

Team Chile schlägt vor, neue digitale Strategien für Junge an China zu testen. Hier lebten 19 Prozent der Millennials.
Foto: Ho

Dort werden die drei Finalisten – die Teams Chile, Singapur und Polen – gefeiert wie Stars. Lautes Klatschen, Jubeln, Zurufe. Posieren vor den Kameras. Ein Bildschirm blendet Tweets ein, die unter dem Hashtag #Brandstorm2016 gepostet werden: "Guys, you rock", ist da beispielsweise zu lesen. Eine Riesenshow.

Digitale Ideen

In Österreich nahmen sieben Hochschulen am Brandstorm-Wettbewerb teil. Die Studierenden hatten auf Basis von Marktdaten eine Vorstudie durchzuführen. Anschließend galt es, das Konzept auszuarbeiten, mit Fokus auf digitale Technologien. Das Team der IMC Fachhochschule Krems, das es nach Paris schaffte, kreierte eine Mobilapplikation. Sie lässt sich mit einem "Smart-Pillow" verknüpfen, einem Polster, der automatisch die Nöte der Haut analysiert.

"Team Österreich": Natascha Junghans, Jana Eisenbock und Nicole Högl (v. li.), Studentinnen an der IMC Fachhochschule Krems.
Foto: Ho

Ideen zu mobilen Tools, die die Haut scannen und sich mit einem Smartphone verbinden lassen, hatten auch die Finalistenteams. Chile etwa stellt ein Armband vor, das Informationen beispielsweise zum Feuchtigkeitsgehalt liefert. Der Vortrag der drei energiegeladenen Studenten ist gespickt mit aufwendigen Videos.

Polen wiederum präsentiert ein Tool, das 3-D-Hautscans ermöglicht – die dann von einem Onlinedermatologen, genannt "Digitologist", analysiert werden. Die jungen Frauen in weinroten Kleidern performen mit festen Stimmen, ausladenden Gesten – und hängen ihrem Pitch eine kurze Tanzeinlage an. Die Aktion wird vom Publikum mit Kreischen und Applaus goutiert – von der Jury, bestehend aus L'Oréal-Topmanagern, mit dem ersten Platz.

"Brandstorm 2016"-Finale in Paris (v. li.): Chile holte den zweiten Platz, Singapur den dritten, und Polen gewann den Bewerb. Die Studentinnen der Warsaw School of Economics kreierten neben einer App auch einen neuen Beruf: den des "Digitologist", des digitalen Dermatologen.
Foto: Ho

Online-Verkauf

Als essenziell für die Kommunikation mit jungen Kunden erkennen die Studierenden durchweg die sozialen Medien: Facebook, Instagram, Snapchat und Co. Der Vertrieb solle stärker über E-Commerce laufen. Aktuell erzielt L'Oréal erst fünf Prozent seiner Umsätze online. E-Commerce mache jedoch 40 Prozent des Wachstums aus, sagte L' Oréal-Vorstandschef Jean-Paul Agon kürzlich zur Zeitung Die Zeit.

Die drei Gewinnerteams erhalten von L'Oréal übrigens einen Reisegutschein im Wert von 10.000, 5000 bzw. 2500 Euro. Vielleicht einen tollen Einstiegsjob. Plus ganz viel Fame. (Lisa Breit aus Paris, 11.7.2016)