Suzie Heger ist Intendantin des Musikfestivals Wellenklaenge in Lunz am See in Niederösterreich. In einem Holzhaus im Nachbartal lebt sie am Waldrand zwischen Vögeln, Mäusen und Siebenschläfern.

"Irgendwann wollte ich ganz aufs Land ziehen, weil die Arbeit für die Wellenklaenge immer aufwändiger wurde. Wir haben ein Haus gesucht und dabei furchtbare Dinge gesehen. Wir wollten sogar schon einen alten Bauernhof umbauen. Gottseidank ist das gescheitert. Dann erfuhr ich, dass dieses Haus der Rothschild'schen Forstverwaltung frei werden würde. Es wurde in den 1920ern für den Betriebsarzt gebaut – ein Holzbau, für den ein ganzer Wald verarbeitet wurde. Als ich durch die Gartentür kam, breitete sich vor mir die Wiese im Sonnenschein aus. Im Haus haben wir ein halbes Jahr lang nur hinausgeworfen, was sich in den 70er-Jahren an Verbrechen angesammelt hat. Jetzt ist es so, wie es mir gefällt. Wir wohnen nun schon zwölf Jahre hier.

Wellenklaenge-Intendantin Suzie Heger (mit Hündin Lady) liebt weiß ausgemalte Räume. Von dieser Vorliebe ist auch ihr Wohnzimmer in einem Mostviertler Holzhaus inspiriert.
Foto: Dietmar Tollerian

Die meisten Möbel, die wir mitgebracht haben, sind vom Tandler in Wien. Keine Antiquitäten. Ich habe für Möbel nie Geld gehabt. Es hat sehr schön sein müssen, aber nichts kosten dürfen. Wir haben die Thonet-Sessel um 50 Schilling gekauft. Als meine Eltern gestorben sind, war mir wichtig, ein Stück aus ihrer Wohnung zu haben – das ist der Biedermeierkasten drüben im Büro. Ihn sehe ich jeden Tag und in ihn räume ich alles hinein, was ich nicht sehen will. Aber ich könnte mich von ihm trennen wie von allen anderen Stücken auch. Ich könnte aufstehen und gehen. Meinen Mann und Hündin Lady würde ich mitnehmen.

Am liebsten sind mir weiß ausgemalte, leere und große Räume. Wir haben beim Einzug beschlossen, dass hier kein Bücherregal mehr dazugestellt wird. Alle Bücher, von denen ich weiß, dass ich sie nie mehr lesen werde, habe ich der Lunzer Gemeindebibliothek gegeben. Ich bin vier Mal mit allen Büchern übersiedelt, jetzt ist es genug. Die Heiligtümer bewahre ich, der Rest wird hergeschenkt.

Ordnung ist mir sehr wichtig. Die brauche ich, um den Wahnsinn in meinem Kopf im Zaum zu halten. Wenn ich nicht aufräume, finde ich nichts. Das ist nicht das Alter, das war immer schon so. Wenn meine Enkelkinder zu Besuch sind, drehen die das ganze Haus um: Spielzeug, Gartengeräte und Geschirr liegen durcheinander. Ich leide fürchterlich. Aber ich liebe die Kinder so sehr, dass sie das dürfen.

Wir wollten immer irgendwo in der Einöd sein. Es ist uns ja fast zu viel Stadt hier. Draußen ist sogar eine Straßenlaterne. Der Arzt, der früher hier gewohnt hat, war Hobbyastronom und hat sie abgeklebt, um die Sterne besser betrachten zu können. Der Sternenhimmel ist hier herrlich.

Und man ist hier ununterbrochen mit Tieren konfrontiert. Wenn man die Haustür offen lässt, kommen die Mäuse herein. In den Garten kommen Schlangen. Lady bewacht die Rosenknospen vor den Rehen. Wir füttern die Vögel im Winter. Am Küchenfenster liegt ein Vogelbestimmbuch. Es kommen so viele verschiedene Arten her. Der Gesang ist unglaublich. Wenn sie im Frühling loslegen, gleicht das einem Konzert. Die Grasmücke zum Beispiel singt in vielen Strophen und sehr rhythmisch – wie ein guter Saxofonist.

Als wir einzogen, gab es oft ein ungeheures Getöse am Dachboden. Man glaubte, Elefanten üben Schnurspringen. Immer wenn ich raufging, sah ich nichts – bis auf ein Mal. Es waren Siebenschläfer, entzückend, mit riesigen Augen und großen spitzen Ohren. Sie sind hinter einem riesigen Balken gesessen und haben heruntergeschaut. Da hab ich gewusst: Ihr seid die Krawallmacher! Irgendwann sind sie ausgezogen. Die Tiere des Waldes beschäftigen uns sehr. Ich lebe aber gerne zwischen ihnen." (11.7.2016)