Die irischen Statistiker scheinen am Ende des Regenbogens einen Topf voll Gold gefunden zu haben. So könnte man die absurd hohe Wachstumsrate des Landes erklären: Um 26,3 Prozent soll die irische Volkswirtschaft im Vorjahr zugelegt haben. Wenn dem so wäre, stünde die Arbeitslosigkeit bei null, und die Iren würden eine Gehaltserhöhung nach der anderen bekommen.

Beides ist nicht der Fall. Vielmehr kann man die Statistiken mittlerweile völlig vergessen. Ausländische Unternehmen, die ihren Firmensitz oder Patente wegen der niedrigen Steuern nach Dublin verlagern, blähen das offizielle Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf. Über das hohe Wachstum lässt sich aber nicht nur der Kopf schütteln. Es bringt auch zwei wichtige Themen wieder ins Rampenlicht.

Da wäre zum einen das trotz geringer Verbesserungen immer noch riesige Problem des Steuerdumpings. Die 26 Prozent sind eine Erinnerung daran, dass nicht einmal die EU-Länder in der Lage sind, dem Steuerwettbewerb nach unten einen Riegel vorzuschieben. Gleichzeitig bleiben Bündnisse wie die EU die einzige Möglichkeit, realistisch entgegenzuwirken. Die nach dem Brexit-Votum in London angekündigte Steuersenkung bestätigt das.

Zweitens zeigen die irischen Zahlen erneut die Grenzen des BIP als Wohlstandsindikator auf. Auch wenn das irische Statistikproblem ein Sonderfall ist, ist etwa das Median-Einkommen ein deutlich sinnvollerer Maßstab. (Andreas Sator, 13.7.2016)