Maria Hahnenkamp thematisiert das Verdecktsein der Frau von Bildern: "Regina / Blaue Rose" (2008/10).


Foto: Stephan Huger / Studio Huger

Wien – Wir Heutigen sind, abgeschottet von der echten Welt, Scheinbildern ausgeliefert, die wir jedoch für die Wirklichkeit nehmen. So diagnostizierte es Susan Sontag 1977 einer Gesellschaft, die Fotografien stetig mehr und mehr Macht beimaß, Bezug nehmend auf Platons Höhlengleichnis.

In Zeiten von Social Media und Handykameras ist eine solche Diagnose aktueller denn je. Dass indes die Macht der Bilder speziell für Frauen verhängnisvoll sei, etwa, weil sie unerreichbare Ideale präsentiere, ist eine Prämisse der Künstlerin Maria Hahnenkamp, der die 21. "Werkschau" in der Fotogalerie Wien gewidmet ist. Jener Feminismus, der Hahnenkamp seit den 1980ern umtreibt, hat das Verhältnis von Frauen und ihren medialen Abbildern im Visier.

Zu sehen ist etwa eine Serie von Dias (Diaprojektion 5a, 2002), die Ausschnitte des weiblichen Körpers zeigen. Der Projektor, quasi die moderne Version von Platons Höhlenfeuer, wirft Nacken, Rücken, Bäuche an die Wand. Ideale, wohlgemerkt: Hahnenkamp sammelte sie aus historischen Bildern, aber auch aus Modemagazinen zusammen. Augen sind nicht dabei.

Wer der Urheber solcher Blickpolitik sein könnte, die den weiblichen Körper zerstückelt, legt die gegenübergestellte Arbeit Philipp (2008) gar unzweideutig nahe: Sie zeigt monumentale Porträts eines Mannes, die nun auf die eindringlichen Augen des Dargestellten konzentriert sind.

Eine Maßnahme gegen die Vereinnahmung des Weiblichen in Bildern zeigt eine Arbeit von 1993, für die Hahnenkamp die Oberflächen von 195 Farbfotos abschmirgelte. Ihre Strategie, die Bildoberfläche direkt anzugreifen, verfolgt sie aber auch, wenn sie Fotos mit Nähten versieht oder neu zusammenstückelt.

Verschwindende Frau

Thematisch kreisen die Bilder einschlägigerweise etwa ums Verschwinden der Frau hinter Folien. Wesentlicher Bezugspunkt ist dabei stets die Performanztheorie Judith Butlers, wonach das Denken in zwei Geschlechtern Ergebnis des Wiederholens eingeübter Akte sei. Männlich und weiblich sind demnach soziale Konstrukte – die es durch Gegenakte zu unterwandern gelte.

Einen entsprechenden Text Butlers bereitet Maria Hahnenkamp denn auch im Video V4/07 (2007) auf. Sie wickelte Zitate der Philosophin aber auch um in ihren Arbeiten dargestellte Frauenkörper. (Roman Gerold, 15.7.2016)