Bei der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) werden bei Patienten unter Kurznarkose im Gehirn künstlich Krampfanfälle ausgelöst. Zum Einsatz kommt die Methode, wenn psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. "Man muss sich von der Vorstellung lösen, die viele noch aus der Anfangszeit der Elektrokonvulsionstherapie vor Augen haben. Die Therapie ist heute weit weniger invasiv und hat kaum Nebenwirkungen, muss allerdings etwa zwölf Mal erfolgen", sagt Udo Dannlowski von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Münster.

Bei etwa 70 Prozent der Patienten mit schwerer Depression, die auf eine konventionelle Behandlung nicht angesprochen haben, verbessert sich die Symptomatik durch EKT – warum, darüber wusste man bislang wenig. Nach Ergebnissen des Forscherteams scheint die elektrische Stimulation bei depressiven Patienten offenbar neues Nervenwachstum im Gehirn anzuregen. Auch andere Autorengruppen hatten bereits Hinweise darauf gefunden.

Graue Substanz verringert

Bei chronisch depressiven Patienten ist die graue Substanz rund um den Hippocampus im Gehirn nachweislich verringert. Durch die EKT-Behandlung normalisiert sich das Volumen wieder. Bei etwa einem Viertel der Patienten jedoch ist sie unwirksam.

Um die Erfolgsaussichten der Behandlung vorab prognostizieren zu können, hat der Psychologe Ronny Redlich aus Dannlowskis Forschergruppe gemeinsam mit Informatikern ein eigens entwickeltes Computerprogramm eingesetzt, das mit MRT-Bildern von Patienten "gefüttert" wird. Mit den gesammelten Daten kann das lernende Programm den voraussichtlichen Behandlungserfolg mit einer Zuverlässigkeit von 80 Prozent vorhersagen. "Das ist ein bahnbrechender Erfolg", freut sich Klinikdirektor Volker Arolt. "Wenn sich die Ergebnisse bestätigen, müssen wir in Zukunft die Patienten, bei denen die EKT keinen Erfolg verspricht, nun gar nicht erst dieser aufwendigen Behandlung unterziehen, sondern können gleich andere Therapien versuchen." (idw, 20.7.2016)