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Als die Causa Buwog in der Öffentlichkeit bekannt geworden war, führten Grasser und Co (abgehörte) Telefonate, um ihre Erinnerungen gemeinsam aufzufrischen. Vor allem Walter Meischbergers Recherchefragen sind bereits Legende.

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Wien – In der Causa Buwog spielen neben prominenten und illustren Leuten auch Unternehmen bzw. Briefkastenfirmen und deren Konten wichtige Rollen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zeichnet die Geldflüsse nach, die in Wien, Zypern, Liechtenstein, den USA Spuren hinterließen. Die Behörde wirft dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser vor, er habe bei Buwog-Privatisierung und Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower mitgeschnitten. U. a. hätten ihm die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger und Immobilienmakler Ernst Plech geholfen.

Meischberger war laut (nicht rechtskräftiger) Anklageschrift Grassers "bester Freund" und hatte enge Geschäftsbeziehungen zu Hochegger, etwa im Seitenblicke-Verlag. Plech wieder sei Meischbergers (E-Mail-Adresse: meischi@...) "väterlicher Freund" gewesen. Die Berichterstattung über sich selbst verfolgten die Freunde laut WKStA übrigens "genau". Grasser habe Artikel über "ihn betreffende Themen" nicht nur gelesen und analysiert, "sondern teilweise über Jahre hinweg gesammelt und sortiert aufbewahrt".

Meinl und Schwiegermutter

Darunter müssten auch jene Geschichten sein, die sich um Grasser und seinen Freund Julius Meinl V. drehten. Der Chef der Meinl Bank (bis Anfang 2008, seither ist er Aufsichtsratschef) spielt in der Causa eine Rolle, rund um ein Meinl-Bank-Konto der Schweizer Ferint AG. Selbiges zählt der Staatsanwalt Grasser zu, der sagt, die wirtschaftlich Berechtigte sei seine Schwiegermutter, Marina Giori-Lhota. Ihr hätten auch jene 500.000 Euro gehört, um die er Genussscheine der Hypo Alpe Adria gekauft habe und aus deren Verkauf 784.000 Euro Erlös blieben. Die Justiz rechnet die 500.000 Euro dem Exminister zu. An dieser Stelle gilt es festzuhalten, dass die Beschuldigten die Vorwürfe bestreiten und die Unschuldsvermutung gilt.

Die Einzahlungen des "Schwiegermutter-Geldes" liefen jedenfalls recht unorthodox. Laut Zeugenaussagen und Anklageschrift hat Grasser 2005 seinem Freund Meinl erzählt, seine Schwiegerfamilie Swarovski wolle Geld in Österreich anlegen, "aber nicht direkt, sondern indirekt". Meinl wies Grasser auf die Mindesteinlagenhöhe bei der Bank hin: 500.000 Euro. Bei ihm sei "der Eindruck erweckt worden", Swarovskis würden eine "bedeutende Anlage von 20 bis 30 Mio. Euro" planen. Damit war Meinl offenbar gewonnen, "er sagte zu, sich eine anonyme Veranlagungsmöglichkeit zu überlegen". Um es kurz zu machen: Über Umwege wurde die Schweizer Ferint AG aufgetan, "ein typischer Briefkasten", der ein Konto bei der Privatbank bekam. Wirtschaftlicher Berechtiger der Ferint AG? Der wurde in Wien laut Anklageschrift erst recherchiert, als die Nationalbank zur Prüfung einritt.

Grasser also wollte 500.000 Euro anlegen, auch Meinl-Banker G. W. "deutete er unrichtigerweise an" (WKStA), das Geld komme von Giori-Lhota. Jedenfalls übergab Grasser W. die ersten 100.000 Euro salopp: im Kuvert. Was dem Banker als "einschneidendes Erlebnis" in Erinnerung blieb. So einschneidend übrigens, dass er das Geld nicht einmal zählte.

Keine Prüfung

Und: Da der Minister "um größtmögliche Diskretion" gebeten und er selbst "Zweifel an der Herkunft der Geldmittel hatte", habe er keine Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten vorgenommen, erklärte der Zeuge. Für "bemerkenswert" hält die WKStA, dass der Banker (kam später in den Vorstand) aussagte, die entsprechende Vorschrift im Bankwesengesetz und die Geldwäscherichtlinien nicht gekannt zu haben.

Aber zurück zum Schicksal der ersten 100.000 Euro im Kuvert. Selbiges lagerte W. für einige Zeit in seinem Safe, dann tätigte er eine tranchierte Einzahlung, um Grassers Diskretionsforderung zu erfüllen. An zwei Tagen zahlte er jeweils eine Tranche von 25.000 Euro am hauseigenen Schalter aufs Ferint-Konto ein, je eine am Vor- und eine am Nachmittag. Warum? "W. wusste ... , dass kleinere Bareinzahlungen nur selten (von der Nationalbank; Anm.) geprüft werden", schreibt der Staatsanwalt. In der Bank nützte das wenig: "Für mich war das Grassers Konto", sagte eine Bankerin aus.

Im Dezember 2005 übergab der Minister seinem Banker in Wien ein weiteres Kuvert, noch praller gefüllt: mit 330.000 Euro. Auch die landeten zunächst im Tresor, auch die wurden bar am Schalter eingezahlt. Verwendet wurde das Geld laut WKStA u. a. für Aktienhandel.

Diskretion erbeten

Als die Causa Buwog in der Öffentlichkeit aufpoppte, machte sich bei den Freunden Nervosität breit. Diverse Konten wurden geschlossen, auch das diskret: Von einer Kontaktaufnahme bitte er "Abstand zu nehmen", wünschte sich etwa Meischberger von seiner Liechtensteiner Bank Mitte 2009.

Damals begannen auch jene Telefonate, die inzwischen Geschichte geschrieben haben. Als "Vorbereitung" zu den ersten Einvernahmen ordnet sie die WKStA ein. Da riet etwa Grasser am 1. Februar 2010 seinem Trauzeugen zu "Recherchen", als dieser Erinnerungslücken zu seinen Leistungen für den Porr Konzern hatte. Meischberger damals zu Grasser: "Da bin ich jetzt supernackt".

Als die Causa Buwog in der Öffentlichkeit bekannt geworden war, führten Grasser und Co (abgehörte) Telefonate, um ihre Erinnerungen gemeinsam aufzufrischen. Vor allem Walter Meischbergers Recherchefragen sind bereits Legende. (Renate Graber, 26.7.2016)