Der Briefkastenfirma Mandarin Group kommt laut Staatsanwaltschaft eine besondere Bedeutung zu.

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Wien – Für den Ex-FPÖ-Politiker und Lobbyisten Walter Meischberger ist allein der Umfang der Buwog-Anklageschrift (Text: 722 Seiten) Beleg dafür, dass an der Sache nichts dran sei. "Kann eine Anklage nicht in 30, 50 oder 60 Seiten auf den Punkt gebracht werden, fehlt wohl das schlagende Argument", meinte der Trauzeuge von Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal". Wobei: Auf die 16 – nicht rechtskräftig – Angeklagten in der Causa Buwog-Privatisierung und Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower heruntergebrochen, ergäben sich 45 Seiten pro Nase.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat jedenfalls viel Material zusammengetragen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Firmenkonstruktionen und Konten rund um die "Provisionen", die sie für Bestechungsgeld Grassers hält.

Briefkasten im Paradies

In einem Kapitel geht es um die Briefkastenfirma Mandarin Group AG aus Belize, auf deren Liechtensteiner Konto Grasser u. a. den Erlös aus dem Hypo-Alpe-Adria-Genussschein (den er mit 500.000 Euro seiner Schwiegermutter gekauft haben will) transferiert haben soll.

Mandarin kam durch den Schweizer Vermögensberater Norbert W. ins Spiel (ebenfalls angeklagt), zu dem Grasser laut WKStA "ein besonderes Vertrauensverhältnis hatte". Die von W. organisierte Briefkastenfirma war gerade ungenützt, als Grasser 2007 "zumindest über einen Teil seiner" auf dem Liechtenstein-Konto 400.815 "einbezahlten Bestechungsgelder" verfügen wollte, "ohne ständige Zwischenschaltung von Meischberger". (Der sagt, das Konto gehöre ihm, die Anklagebehörde rechnet es Grasser zu.) Grasser also soll W. informiert haben, rund 500.000 Euro "anonym" anlegen zu wollen, W. stellte die Mandarin zur Verfügung.

Für die musste er noch ein Konto eröffnen, was bei Raiffeisen Liechtenstein (RBL) geschah. Um Grasser nicht zu outen, habe W. "einen anderen Plan entwickelt": Nach dem Tod seiner Großmutter, wolle seine, W.s, Mutter die Erbschaft über Mandarin abwickeln, erklärte W. dem RBL-Banker, seine Mutter sei auch wirtschaftlich Berechtigte der Mandarin. All das ist im Kundenprofil festgehalten.

Laut WKStA war W.s Oma im Herbst 2007 wirklich gestorben, ihr Nachlass (34.000 Euro) wurde unter ihren vier Kindern aufgeteilt. In einen Offshore-Briefkasten hatte W.s Mutter wenig einzuwerfen: Ihr Jahreseinkommen "betrug rund 20.000, ihr Vermögen rund 40.000 Euro". Die Angaben W.s seien "falsch" gewesen.

Das Mandarin-Konto

In der Folge kam es zur "Erstdotierung" des Mandarin-Kontos mit 500.000 Euro vom Liechtenstein-Konto, 2008 zahlten W. und Kollegen im März, Juni und Oktober Bares (im Kuvert) ein, in Summe 943.000 Euro. Verbucht wurde das in der Bank mit dem Vermerk: "Bareinzahlung aus Erbschaft Mutter ... Die Liegenschaft wurde verkauft und geht jetzt in insgesamt drei Tranchen auf dieses Konto". Im Dezember folgten dann noch einmal 10.000 Euro unter dem Titel "Ersparnisse".

Die Herkunft dieser Geldmittel konnte die WKStA "nicht klären", wie sie selbst eingesteht. Sie geht aber von einem "Nahebezug zu Grasser" aus – und begründet den mit Aufenthalten, die der Exminister rund um Bareinzahlungstermine in der Schweiz hatte. Grasser sei "unmittelbar vor und/oder nach den Einzahlungen" in Zürich gewesen, woraus die Ermittler den Schluss ziehen, "dass sich Grasser mit W. traf und die Bareinzahlungen mit Grasser in einem direkten Zusammenhang stehen". Im Oktober wiederum sei W. in Wien gewesen, "was ein Treffen mit Grasser nahelegt".

Im Februar 2009 flossen dann noch 784.000 Euro zur Mandarin, sie kamen vom Ferint-Konto bei der Meinl Bank, dabei handelt es sich um den Erlös aus dem Hypo-Genussschein. Und von Liechtensteinischen Depots wanderten Papiere von Meinl-International-Power (MIP; für sie arbeitete Grasser nach seinem Politikabschied) auf Depots der Mandarin.

Vertrauen weg

Endstation war das Liechtenstein-Konto für all das Geld nicht. Mitte 2009 übersiedelten 700.000 Euro und Aktienbestände auf ein Schweizer Konto der Catherine Participation. Ihre wirtschaftliche Berechtigte: Grassers Frau, Fiona. Grund für den Transfer laut Unterlagen: "Der Kunde hat das Vertrauen in den Bankplatz Liechtenstein verloren." Fortsetzung folgt. (Renate Graber, 27.7.2016)