Rekonstruierender Nachbau einer hallstattzeitlichen Grabkammer samt vierrädrigem Wagen.

Foto: OÖ Landesmuseum/E. Grilnberger

Weben am aufrecht stehenden Webstuhl (Muster nach einem Vorbild aus dem Salzbergwerk in Hallstatt).

Foto: OÖ Landesmuseum/E. Grilnberger

Brotteig mischen.

Foto: OÖ Landesmuseum/E. Grilnberger

21 Eichenstämme (hier im unbearbeiteten Zustand) werden das Hallendach tragen.

Foto: OÖ Landesmuseum/J. Leskovar

Aus rund mach eckig: Das Spalten der Stämme zu im Querschnitt rechteckigen Bauhölzern hat das Team von Wolfgang Lobisser fünf Wochen lang beschäftigt.

Foto: OÖ Landesmuseum/J. Leskovar

Animation der fertiggestellten Halle an ihrem Standort südlich des bestehenden Freilichtmuseums.

Foto: Mario Wallner

Vor 25 Jahren wurde in Mitterkirchen im Machland das "Freilichtmuseum Keltendorf" eröffnet. Anlass war die archäologische Untersuchung eines hallstattzeitlichen Gräberfeldes, die vom Oberösterreichischen Landesmuseum zwischen 1980 und 1990 durchgeführt worden war. Dabei waren 80 teilweise ausgesprochen reich ausgestattete Körpergräber geborgen worden.

Das typische Beigabenspektrum von Mitterkirchen umfasst Schmuck, Waffen, Pferdegeschirrteile und teils sehr umfangreiche Geschirrschätze mit bis zu 20 Gefäßen aus Keramik. Eine Besonderheit des Gräberfeldes stellen drei Wagengräber dar – die Toten waren auf vierrädrigen, reich mit Bronzeteilen verzierten Holzwagen bestattet worden. Für die Toten und ihre Beigaben hatte man in der Hallstattzeit (um 700 v. Chr.) große hölzerne Kammern errichtet und nach Beendigung oder im Rahmen der Bestattungsriten mit großen Erdhügeln überbaut, die teilweise von Ringgräben umgeben waren. Die mehr als 1.000 Fundgegenstände aus 80 dokumentierten Gräbern legen beredtes Zeugnis von der hohen Bedeutung des Fundorts Mitterkirchen ab.

Salz – ein begehrtes Handelsgut

Welcher Art diese Bedeutung war, lässt sich nur mit archäologischen Mitteln und für eine Zeit, in der keine Schriftquellen zur Verfügung stehen, nur mangelhaft rekonstruieren. Die Lage an der Donau im fruchtbaren Machland lässt an Austausch- beziehungsweise Handelsbeziehungen denken – nicht zuletzt mit dem nicht nur für die Archäologie, sondern auch für die hallstattzeitlichen Zeitgenossen höchst bedeutenden Fundort Hallstatt.

Salz als begehrtes Handelsgut mag seinen Weg die Traun und die Donau entlang über Mitterkirchen nach Osten und Norden genommen haben. Böhmen ist nicht weit, und es verfügt über keine eigenen Salzvorkommen. Derlei Austauschbeziehungen sind durchaus vorstellbar, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Wagenteile aus den Gräbern sehr gute Parallelen in Böhmen (und der bayerischen Oberpfalz) haben.

Leben im Keltendorf

Solche archäologischen Themen zu vermitteln und das Leben in der Hallstattzeit lebendig werden zu lassen ist seit 25 Jahren das Ziel des Freilichtmuseums. Dieser Ansatz ist von Erfolg gekrönt: Das von der Gemeinde betriebene Freilichtmuseum von Mitterkirchen ist gut etabliertes Ziel von Familien, Radfahrern und Schulklassen. Das Verhältnis zum Landesmuseum ist seit der ersten Grabungssaison sehr eng, es findet laufend inhaltlicher Transfer und die Entwicklung gemeinsamer Projekte statt.

"Prunkwagen und Hirsebrei" ist ein Beispiel dieser gelungenen Kooperation. In diesem Sommer leben bereits zum sechsten Mal mehrere Familien zwei Wochen lang im Dorf und versuchen dabei, so authentisch wie möglich hallstattzeitliche Kultur zu repräsentieren. Zwei wesentliche Faktoren sind dabei Kleidung und Kochen.

Hallstattzeitliche Küche

Über hallstattzeitliche Stoffe wissen wir dank der hervorragenden Erhaltungsbedingungen im Salzbergwerk von Hallstatt sehr gut Bescheid. Leinen und/oder Wolle, Fadenstärken, Webtechniken, Färbepflanzen und Schnittmuster sind die Forschungsfelder von Helga Rösel-Mautendorfer, Keltologin und Textilspezialistin, die für die Einkleidung der Bewohnerinnen und Bewohner zuständig ist. Viele der Teilnehmenden an den täglichen Führungen sind erstaunt über die Farbvielfalt und Feinheit der Stoffe oder auch über die komplizierten Muster der brettchengewebten Gürtel.

Auch in der hallstattzeitlichen Küche ist authentisch sein vergleichsweise leicht und vergnüglich. Die Archäobotanik hilft bei der Frage nach eisenzeitlichen Pflanzen beziehungsweise danach, was zu vermeiden ist, weil es in der Urgeschichte noch nicht bei uns wuchs, etwa weil es erst die Römer zu uns brachten oder die Entdecker des amerikanischen Kontinents. Zu vermeiden sind dementsprechend Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Mais und Pute sowie allzu exotische Gewürze, Obst- und Gemüsesorten.

Am Speiseplan

Vieles von dem, was wir täglich verwenden, hat dennoch Platz in den Töpfen auf der Feuerstelle im Museumsdorf: Getreide wie Emmer, Einkorn, Gerste, Dinkel, Hirse – als gekochtes Korn oder als Mehl –, Milchprodukte wie Milch, Topfen, Joghurt, Butter, Käse und so weiter, Hülsenfrüchte, also unterschiedliche Bohnen- und Linsensorten, Gemüse, zum Beispiel Karotten, Kraut, Zwiebeln, Fleisch, auch als Wurst, Fisch – und natürlich Salz. Damit lässt sich vielfältig und schmackhaft kochen. Natürlich können wir nicht rekonstruieren, was die hallstattzeitlichen Menschen tatsächlich gekocht haben, aber mit den vorhandenen Lebensmitteln wären unsere Rezepte zumindest möglich gewesen.

Bauprojekt "Herrinnenhalle"

Als jüngstes und seit Errichtung des Freilichtmuseums größtes Projekt wird seit einigen Wochen die "Herrinnenhalle" errichtet. Es handelt sich um einen eisenzeitlichen Großbau, der von einem Team des Vienna Institute for Archaeological Science und der Universität Wien, geleitet vom Autor, nach den Erkenntnissen der experimentellen Archäologie gebaut wird.

Das Gebäude orientiert sich weitgehend an einem archäologischen Grabungsbefund von der Heuneburg in Süddeutschland, wo man einen Pfostenbau nachweisen konnte, dessen Kernbereich eine Länge von 21 Metern und eine Breite von über acht Metern aufwies. Für das geplante Hausprojekt in Mitterkirchen wird dieser Kernbereich in Form eines Modells im Maßstab 1:1 errichtet.

Authentisches Handwerk

Das Gebäude verfügte über sieben Firstpfosten, die zusammen mit den Wänden den Dachstuhl trugen, der mit großer Wahrscheinlichkeit aus Pfetten, Rofen und Lattenhölzern bestand. Die Wände werden aus senkrechten, flächig überarbeiteten Hölzern gefertigt. Für die Dachdeckung selbst dürfen wir an gespaltene Schindeln denken, die durch Nägel aus Holz oder aus Eisen an den Lattenhölzern befestigt waren.

Bei der Errichtung des neuen Großbaus sollen weitgehend Rohmaterialien und Arbeitstechniken eingesetzt werden, die bereits in der Eisenzeit zur Verfügung standen. Alle Holzverbindungstechniken und auch alle Arbeitsspuren und Holzoberflächen sollen der eisenzeitlichen Handwerkskultur entsprechen.

Den Bau mitverfolgen

Besucherinnen und Besucher können bereits während der Bauphase dabei sein und die Entstehung des Gebäudes vor Ort mitverfolgen. Zu bestimmten Anlässen und nach Anmeldung direkt vor Ort wird auch die Möglichkeit bestehen, einige dieser Werkzeuge selbst auszuprobieren. Dabei werden zum Beispiel Bäume geschält oder mit Dechsel und Beil zu rechteckigen Balken gehackt, aber auch andere Arbeitsschritte mit Werkzeugtypen der Eisenzeit durchgeführt, um Holzverbindungselemente oder authentische Oberflächenstrukturen zu erzeugen.

Die Bauaktivitäten werden genauestens dokumentiert und erlauben es der Wissenschaft in der Folge, ein neues Bild von den eisenzeitlichen Hausbautraditionen zu zeichnen.

So wird es möglich sein, die Errichtung eines derartigen eisenzeitlichen Großbaus aus wissenschaftlicher Sicht neu zu beurteilen, um ein besseres Bild von der Hausbautradition in der Hallstattzeit zeichnen zu können, das in der Zukunft auch an Museumsbesucherinnen und -besucher weitervermittelt werden kann. (Jutta Leskovar, Wolfgang Lobisser, 28.7.2016)