"Dragon Kite XX" von Poklong Anading hat nur scheinbar etwas von einem luftigen Drachen. Er ist aus Holz und Kohle gebaut.

Foto: Galerie Zimmermann Kratochwill

Im April 2014 ereignete sich in Südkorea eine der schlimmsten Fährkatastrophen der Geschichte. Eine Fähre sank und von 476 Passagieren überlebten nur 174, darunter der Kapitän, der sich eilig von Bord gemacht hatte. Unter den Toten befanden sich mehrere Hundert Schüler zwischen 16 und 17 Jahren. Die Arbeit Ordinary Monument des Koreaners Hong Soun ist die unmittelbare Auseinandersetzung mit dieser Tragödie. Der 1959 geborene Künstler begab sich damals zum Hafen, in dessen Nähe die Fähre sank, und sammelte Treibgut ein, dass nicht zwingend von diesem Schiff stammte, aber für Hong Soun die Erinnerung an die Ertrunkenen symbolisieren sollte.

Er baute daraus kleine Skulpturen und wickelte diese eng und dicht in Frischhaltefolie, bis sie fast silbern zu schimmern begannen. Diese so zumindest ein paar Jahre haltbar gemachte Erinnerungsskulpturen hielt er dann noch in Öl auf Leinwand fest. Zwei dieser Bilder und eine Skulptur sind derzeit in der Ausstellung Forget-Me-Not in der Grazer Galerie Zimmermann Kratochwill zu sehen. Wie kann man das Vergängliche festhalten, fragt Kuratorin Margareth Otti und zeigt Ansätze gegen das Vergessen von Künstlern aus Österreich, den Philippinen, Korea und den USA. Titelgebend ist das Bild eines entwurzelten Vergissmeinnichts des Duos Resanita, das sich mit Pflanzen und deren politischen Botschaften beschäftigt.

Entwurzelt sind auch zwei Kinder, ein Mädchen und ein Bub von den Philippinen: Künstlerin und Filmemacherin Kiri Dalena hat sie in ihrem Film Tungkung Langit (Lullabye for a Storm) einfühlsam porträtiert. Die monströse Geschichte hinter den friedlichen Bildern der spielenden und ihre Familie zeichnenden Geschwister: Sie wurden nach einem Taifun, der ihr Dorf zerstörte und ihre Familie auslöschte, im Wasser treibend gefunden. Ihr Überleben ist ein kleines Wunder. Ihre Erinnerung ist alles, was sie aus ihrem früheren Leben noch haben.

Mohnkapseln aus Silikon

Die blauen Silikonmohnkapseln der Amerikanerin Jeanne Silverthorne, die fast wie bizarre Köpfe aus einem Comic aus dem Bilderrahmen hüpfen, wirken gegen manche andere Arbeiten in der Ausstellung geradezu fröhlich. Tatsächlich sind die Werke der Künstlerin, die sich an der eigenen Arbeitsumgebung wie eine Archäologin abarbeitet, oft voller Humor.

Der Österreicher Martin Krenn sucht in Fotoarbeiten auch nach der Erinnerung von Orten, etwa am Beispiel eines ehemaligen britischen Militärgebietes in Nordirland, das sich langsam die Natur und die Menschen zurückholen. Der Ausstellung vorangestellt ist ein Satz von Luis Buñuel; er klingt beim Betrachten aller Arbeiten mit: "Ohne Gedächtnis sind wir nichts." (Colette M. Schmidt, 29.7.2016)