Robert Plant begeisterte in der Wiener Open-air-Arena mit alten Songs seiner ehemaligen Rockgott-Band Led Zeppelin sowie Folksongs zwischen Texas und Afrika.

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Wien – Am Anfang des Konzerts muss sich Robert Plant etwas locker machen. Von Singen kann man noch nicht wirklich sprechen, es klingt mit dem Chor der sechsköpfigen Begleitband The Sensational Space Shifters eher nach Andachtsjodler und Hubert von Goiserns afroalpiner Begleitmusik zu Flugszenen über unsere wunderschöne Bergwelt auf Servus TV. Es passiert also relativ wenig, klingt aber ziemlich gut.

Nach drei, vier Nummern hat sich der in den 1970er-Jahren die freie westliche Welt als Sänger von Led Zeppelin regierende britische Rockgott Robert Plant schließlich warmgesungen. Als Erfinder der Ausschweifung in Privatflugzeugen und auf diversen Rücksitzen von Limousinen hat Robert Plant schon genug für die Gesellschaft und deren Befreiung von Verklemmung und Schwanzeinziehen und Angst vor Frauen geleistet. Er muss sich mit Ende 60 nicht mehr hetzen. Es ist die Zeit der Ernte, nicht des Säens (Achtung: sexuelle Konnotation). Vielleicht sollten US-Drohnen lieber CDs von Led Zeppelin gegen den IS einsetzen als Peng-peng.

In der Wiener Open-air-Arena erinnert Robert Plant mit immer noch kräftig die Luft im Hallraum schneidender Mondanheulung bezüglich "Baby, Baby, uh, Baby, Baby, uh, yeah" daran, dass Rockmusik einmal eine tatsächlich mit so etwas wie revolutionärer Sprengkraft ausgestattete Macht war. Mit beim afroamerikanischen Blues ausgeborgten Killerriffs und Erweckungssongs wie Rock 'n' Roll und dem Orgasmus-Mittelteil von Whole Lotta Love brachte diese Urkraft die Menschen immerhin dazu, ihre Liebe mit wechselnden Geschlechtspartnern teilen zu wollen. Dazwischen konnte man sein Haupthaar schütteln, ein wenig schön Drogen nehmen und natürlich Hottehü tanzen. Die Welt ist dadurch ein besserer Ort geworden.

Heutzutage hat sich Robert Plant altersweise darauf verlegt, seine Musik gesitteter anzugehen. Der elektrifizierte und verhaltensauffällige Blues, Turbo- und Stadionrock Led Zeppelins wurde um die Bereiche Country und Afrika erweitert. Heute jaulen auf der Bühne die Gitarren nicht nur, sie greinen auch. Dazu erklingt eine Bratlgeige aus Gambia. Beim auch von Joan Baez bekannten Traditional Babe, I'm Gonna Leave You wird die schon bei Led Zeppelin gern gepflegte Folk-Tradition durch Flamenco ergänzt.

Going to California ist noch immer eine wunderhübsche, irgendwie total verletzlich zwischen Macho und Hippie kreisende Gefühlsmanifestation. Willie Dixons Klassiker Spoonful und Hoochie Coochie Man sind ebenso zu hören wie Bo Diddleys Who Do You Love. Tolle Stimmung, tolles Konzert. Warum alte Rocker am Ende aber immer Zwölftaktblues spielen müssen, man weiß es nicht. (Christian Schachinger, 29.7.2016)