Lunz am See – Man muss sich den Synästhetiker als sehr verbundenen Menschen vorstellen. Er sieht Farben zu Tönen, fühlt, wie sich Raum und Umwelt auf den Körper auswirken, verknüpft Sinneseindrücke mit Empfindungen, die andere förmlich kalt lassen.

Das Musikfestival Wellenklänge am Lunzer See geht am Samstag zu Ende. Unter dem Titel "Wohin?" bespielten vier Wochen lang Interpreten aus Jazz, Klassik, Pop- und Volksmusik das verwunschene Fleckchen Natur, wo sich ob der herrlichen Bergkulisse selbst für Nicht-Synästhetiker eine kleine Schneise zur Sinneserweiterung öffnen lässt.

Donnerstagabend war dabei das Synesthetic Octet behilflich. Die junge Formation, 2013 von Klarinettist und Komponist Vincent Pongracz gegründet, verknüpft Bigband mit Neuer Musik, Jazz mit Hip-Hop und hat sich den französischen Komponisten, Synästhetiker und Vogelklang-Spezialisten Olivier Messiaen zum Vorbild genommen. Zur Aufführung kam das 2015 erschienene Debütalbum Rastlos (Jazzwerkstatt).

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Komponist Pongracz arbeitet mit Wechselkräften und Gegensätzen. Auf getragene Schrägheit folgt rasante Harmonie, auf Anspannung fast komödiantische Entladung. Bigband-Signale wie aus älteren Zeichentrickfilmen durchschneiden Passagen, die im Kopf Bilder von erfolglosem Gelsenerschlagen wachrufen.

An anderer Stelle streift man mit verzerrtem Bass und Loop-Maschine minimalistischen Ambient, schaut kurz beim Hip-Hop und Reggae vorbei und kehrt schließlich beim Orientalischen ein. Sich festzulegen war gestern! Den Höhepunkt markiert Bassklarinettist Clemens Salesny, der beim Solo ausbricht wie ein losgelassener Kampfdackel. Befreiend! (stew, 29.7.2016)