Die Kernkapitalquote der Raiffeisen Zentralbank sinkt unter Stress auf 6,1 Prozent ab. Das Institut steuert bereits gegen.

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Wien – Am späten Freitagabend wurde London seiner Rolle als Finanzzentrum Europas noch einmal gerecht. Investoren erwarteten gespannt die Ergebnisse des jüngsten Stresstests für 51 europäische Großbanken. Um Punkt 22 Uhr (London: 21 Uhr) war es so weit. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) mit Sitz in der britischen Hauptstadt stellte die Zahlen ins Netz.

Ziel der EBA-Tests war es herauszufinden, wie sich die finanzielle Situation der Kreditinstitute verändert, wenn die Weltwirtschaft zwischen 2016 und 2018 erneut in eine Rezession schlittert, Aktienkurse einbrechen, der Devisenmarkt verrückt spielt und Zinsen steigen.

Die Bankenaufseher beobachteten dabei vor allem, wie sich das harte Kernkapital (Core Tier 1), das aus Aktien und einbehaltenen Gewinnen besteht, entwickelt. Je höher die Eigenmittelquote bei den Banken im Verhältnis zu ihren risikogewichteten Aktiva, umso sicherer ist ein Institut.

Als kritisch gilt die Situation von Banken, wenn ihre Kapitalquote unter sieben Prozent fällt. Im Schnitt lag die Quote bei den geprüften Banken vor dem Stressbei 13,2 Prozent und sank in der Simulation bis Ende 2018 auf 9,4 Prozent.

Die beiden österreichischen Banken, die getestet wurden – die Raiffeisengruppe und die Erste Group – schnitten unterdurchschnittlich ab. Die Erste landete bei 8,2 Prozent. Die Raiffeisen Zentralbank rutscht im Stress auf nur 6,1 Prozent ab. Sie lag damit auf dem drittletzten Platz unter allen geprüften Instituten.

An vorletzter Stelle kam die irische Allied Irish Bank (AIB). An letzter Stelle landete die älteste Bank der Welt, das drittgrößte italienische Institut, die Monte dei Paschi di Siena. Ihre Eigenmittel werden im Stress sogar mehr als aufgebraucht: Die Quote sinkt auf ein Minus von 2,44 Prozent.

Der Chef der RZB, Walter Rothensteiner, hatte schon im Vorfeld auf das schlechte Abschneiden seiner Bank vorbereitet. Am Freitagabend erklärte er es so: Die Ausgangssituation der RZB mit einer Kernkapitalquote von 10,5 Prozent sei "sehr niedrig" und das von der EBA angenommene Szenario "ungünstig" gewesen.

So richtig durchfallen wie noch beim Stresstest 2014 konnten die Institute diesmal nicht, weil keine Mindestquoten vorgegeben waren. Ziel der EBA-Übung war es, Schwachstellen im europäischen Finanzsystem aufzuzeigen. Die Bankenaufseher können den Geldhäusern auf Basis der Testergebnisse neue Vorgaben machen. Das zeichnet sich auch schon ab. FMA-Chef Helmut Ettl sagte nach Präsentation der Ergebnisse: "Österreichs Banken brauchen mehr Eigenkapital. Das haben wir immer gesagt." Aktuell schreibt die Aufsicht den heimischen Banken eine Eigenmittelquote von über fünf Prozent vor. Diese muss aber bis 2019 auf mehr als sieben Prozent steigen.

Immerhin gibt es nicht nur Österreich und Italien Problemfälle. Gespannt hatte man auch auf die Ergebnisse der deutschen Banken gewartet. Die Deutsche Bank kam im Stress auf 7,8 Prozent Eigenkapital. Das Institut lag damit ebenso wie die Commerzbank unter den zwölf am schwächsten performenden Instituten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht die Bankenbranche nach den Ergebnissen des jüngsten Stresstests in besserer Verfassung als noch vor zwei Jahren. Die Resultate spiegelten wider, dass die Geldhäuser inzwischen erheblich Kapital aufgenommen und ihre Bilanzen weiter repariert hätten, erklärte die oberste EZB-Bankenaufseherin, Daniele Nouy.

Kapital für dei Paschi

Kritiker des Tests monieren dagegen, dass die Bankenaufseher die Prüfung durchgeführt haben, um nervöse Investoren zu beruhigen. Die von der EBA durchgespielten Szenarien waren aber streng. Für das Jahr 2016 wurde etwa statt eines erwarteten Wirtschaftswachstums von zwei Prozent in der EU ein Einbruch von 1,2 Prozent simuliert.

Die Rettung von Europas Problembären Nummer eins, der Monte dei Paschi, ist schon vorbereitet. Am Freitag gab die EZB grünes Licht für einen Rettungsplan. Er sieht eine Kapitalerhöhung von bis zu fünf Milliarden Euro vor. Die Bank will das Geld am Markt holen und auf Staatshilfe verzichten. Ein Konsortium von italienischen und ausländischen Banken soll die Aktienemission sichern. (Renate Graber, András Szigetvari, 29.7.2016)