Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die Armee nach dem gescheiterten Putsch stärker an die Regierung binden und seine eigene Macht ausbauen. Militärkommandeure würden künftig dem Verteidigungsminister unterstehen, kündigte der Staatschef am Samstag in einem Interview des Fernsehsenders A Haber an. Auch sollen die Militärschulen geschlossen und durch eine Universität ersetzt werden.

Erdogan will sich zudem den Geheimdienst und den Oberbefehlshaber der Streitkräfte unterstellen. Die Verantwortung dafür liegt bisher beim Ministerpräsidenten. Für diese Änderung ist aber eine Verfassungsänderung und damit die Mithilfe der Opposition im Parlament nötig.

"Mit dem neuesten Erlass, den wir vorbereiten, werden unsere Streitkräfte viel stärker", sagte Erdogan in dem Interview. Demnach könnten manche Reformen bereits am Sonntag im Amtsblatt veröffentlicht werden. Erdogan kündigte zudem an, die paramilitärische Gendarmerie zu verkleinern. Sie solle aber effektiver werden und bessere Waffen erhalten. Die Einheit wird oft für den Kampf gegen kurdische Aufständische im Südosten des Landes herangezogen. Der Staatschef kündigte zugleich an, weiter gegen die Kämpfer vorzugehen.

Armee galt als Hüterin des säkularen Staates

Die Armee hatte in der Türkei lange eine große Macht und galt als Hüterin des säkularen Staates. Erdogan hatte nach dem gescheiterten Militärputsch bereits angekündigt, "frisches Blut" in die Streitkräfte zu bringen. Allein in dieser Woche wurden 1.700 Militärangehörige unehrenhaft entlassen. Dies betrifft inzwischen etwa 40 Prozent aller Generäle und Admiräle. Die Regierung wirft ihnen Verbindungen zu Erdogans Erzrivalen Fethullah Gülen vor, der für den gescheiterten Staatsstreich verantwortlich gemacht wird. Der in den USA lebende Prediger hat dies scharf zurückgewiesen.

Seit dem Putschversuch sind mehr als 60.000 Personen in Armee, Justiz, Verwaltung und im Bildungssystem suspendiert, entlassen oder festgenommen worden. Nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Samstag wurden jedoch 758 Soldaten nach Vernehmungen wieder auf freien Fuß gesetzt. (APA/Reuters, 31.7.2016)