Wien – Der Fall des Wiener Lungenfacharzt Gernot Rainer hat den Beurteilungskriterien des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) unerwartete Aufmerksamkeit gebracht. Sein Vertrag war im Jänner nicht verlängert worden. Bis dahin war der Mediziner im Wiener Otto-Wagner-Spital tätig, wo er seine Facharztausbildung absolvierte. Er vermutet, dass die Gründung der Ärztegewerkschaft Asklepios für die Nichtverlängerung ausschlaggebend war. Die Begründung der Vertragsverlängerungskommission lautete, der Arzt habe sich nicht ausreichend mit den Interessen der Dienststelle und der Stadt identifiziert – trotz bester fachlicher Beurteilung.

Die Magistratsdirektion will diesen Passus nun überarbeiten, gibt sich aber abwartend, in welcher Form die Reform geschehen soll. Fest steht: Der KAV will weiter von seinen Medizinern erwarten dürfen, dass sie die Interessen der Stadt Wien teilen, heißt es in einer Aussendung. Die Volksanwaltschaft bewertete bei einer Prüfung die "Identifizierungsklausel" als "Missstand in der Verwaltung".

Wien: Konkretisierung des Treuegebots

Die Überarbeitung soll nun die angesprochenen Vorschläge berücksichtigen, doch die Stadt werde auch künftig "zu Recht eine Identifikation mit den Zielen der Stadt Wien" verlangen und diese in der Mitarbeiterbeurteilung thematisieren. Damit werde das arbeitsrechtliche Treuegebot konkretisiert.

Kritik gibt es dafür von der Rathausopposition. Die Wiener Neos sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. Es spreche nichts gegen Treuepflicht, aber der KAV dürfe nicht für Parteipolitik missbraucht werden, erklärt der pinke Gesundheitssprecher Stefan Gara dem STANDARD. Es müsse möglich sein, dass Mitarbeiter ihren Arbeitgeber kritisieren.

Rainer hat seinen ehemaligen Dienstgeber KAV bereits auf Wiedereinstellung geklagt, das Verfahren am Arbeitsgericht läuft. Am 1. September wird die Verhandlung fortgesetzt. (mte, 2.8.2016)