Der Wiener Schauspieler Kurt Hexmann wohnt mit vielen, vielen Bildern in einer kleinen und viel zu niedrigen Wohnung. Die Kunst, sagt er, ist nicht nur die richtige Hängung. Auch das Staubwischen will gelernt sein.

"Ich liebe Kunst. Ich liebe Bilder. Ich liebe zufällige Funde vom Flohmarkt. Und nachdem ich in einer verhältnismäßig kleinen Wohnung lebe, bin ich gezwungen, meine Leidenschaft in entsprechender Dichte an die Wand zu hängen. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Vorzimmer und Küche sind ziemlich zugehangen. Wenn man die freien Wandflächen in Bad und Klo in die Kalkulation miteinbezieht, würde ich schätzen, dass 75 bis 80 Prozent aller Wandflächen zugehangen sind. Wild durcheinander, Stück für Stück, sodass es sich gut ausgeht. Im Fachjargon sagt man St. Petersburger Hängung dazu. Aber ich finde, die St. Petersburger können noch was lernen von mir!

Foto: Lisi Specht

Manches ist gekauft, manches habe ich geerbt, aber das meiste sind spontane Errungenschaften. Der Prozess des Sammelns und An-die-Wand-Hängens ist, fürchte ich, niemals abgeschlossen, aber langsam wird es eng. Meine Freunde sagen, ich sei wahnsinnig. Mittlerweile glaube ich ihnen. Aber sie tragen selbst nicht unbedingt zur Verbesserung bei, denn immer wieder bekomme ich von ihnen Bilder und Kunstwerke.

Die Wohnung liegt im 19. Bezirk, nicht weit vom Wertheimsteinpark entfernt, und hat circa 60 m². Es hängen wohl an die 100 Stück an den Wänden, und mehrere Hundert Stück Kleinzeug stehen in den Regalen – oder wo auch immer gerade Platz ist. Das Abstauben ist mittlerweile zur Wissenschaft geworden. Man muss genau wissen, womit man in welchem Winkel und mit welcher Geschwindigkeit drüberfegt, damit alles stehen bleibt und das Putzen einen Sinn macht. Besonders anspruchsvoll jedoch ist das Hängen und Ergänzen. Sobald ein Bild hinzukommt, wird alles von der Wand genommen, auf dem Boden neu arrangiert, ausgemessen und in stundenlanger Arbeit neu an die Wand gehängt.

Fotos: Lisi Specht

Ich wohne hier seit 25 Jahren. Früher hatte hier meine ehemalige Schauspiellehrerin Nina Sand gewohnt, und schon damals hatte die Wohnung eine wunderschöne, lebendige Atmosphäre. Als sie ausgezogen ist, hat sie mir angeboten, die Wohnung zu übernehmen. Obwohl kein einziges Möbel gleich geblieben ist, hat sich der Zustand der Wohnung irgendwie kaum verändert. Davor war die Wohnung eklektisch eingerichtet, und jetzt ist sie es auch.

Fotos: Lisi Specht

Ich war schon immer ein Ästhet. Schon als Kind wollte ich lieber aus schönen Gläsern trinken und in einem schönen Zimmer schlafen, weil ich Hässlichkeit und Lieblosigkeit als Zustand nie verstanden habe. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gute Dinge vertragen sich, egal wie wild man sie zusammenmixt. Und bei mir findet man alles – vom josephinischen Schrank über Biedermeierkommoden bis hin zu ausgewählten Stücken aus dem Empire. Natürlich würde der Einrichtungsstil nach etwas höheren Räumen verlangen, aber das wäre an einen Sechzigerjahrebau dann noch ein etwas hehrer Wunsch.

Was ich auch sammle, sind alte Uhren. Wanduhren, Bilderuhren, Pendeluhren, alles Mögliche. Meine Lieblingsuhr, die ich als Seele der Wohnung bezeichne, habe ich seit Kindheitstagen. Wenn die Uhr tickt, dann weiß ich, dass mein Herz schlägt. Die Frequenz des baumelnden Pendels hat etwas Beruhigendes. Das geht tief rein. Sobald die Uhr stehenbleibt, muss ich sie sofort aufziehen. Ohne Ticken ist die Wohnung leer.

Fotos: Lisi Specht

Ich denke, ich werde weitersammeln. Was sonst? Das Suchen liegt mir, wie es scheint. Ich suche, suche, suche, und vielleicht finde ich mich am Ende selbst. Ist das nicht die ureigentliche Lebensaufgabe? Ein schöner Abschluss fürs Wohngespräch! Aber noch viel wichtiger wäre mir, eines Tages einen vielleicht leistbaren Max Weiler zu finden. Zum An-die-Wand-Hängen. Das wäre echt gut." (8.8.2016)