Wer darf wie viele Sitzplätze am Karmelitermarkt haben? Ein Streitfall.

Foto: Heribert Corn

Wien – Auf dem traditionsreichen Karmelitermarkt im zweiten Wiener Gemeindebezirk braut sich etwas zusammen: Stadt Wien und Standler streiten über die Nutzung des Marktes. Den Platz teilen sich dort gastronomische Betriebe mit Händlern. Es gibt aber auch Lokale, die auf beide Formate setzen: Sie verkaufen ihre Produkte vom Stand aus und bieten gleichzeitig eine Handvoll Sitzplätze zur Bewirtung an. Diese Mischform ist nur dann gesetzeskonform, wenn die Händler nicht mehr als acht Plätze anbieten – was nicht alle Betreiber so eng sehen.

Unerwartete Bescheide

So geht es zum Beispiel den zwei kleinen Geschäften Kaas am Markt und Zimmer 37, denen nun das Aus droht. Sie erhielten kürzlich den Bescheid, den Platz innerhalb zweier Monate räumen zu müssen. Dass es so weit kommen konnte, damit hat niemand gerechnet. "Für uns ist das eine total überraschende Entwicklung", sagt Betreiberin Kaas, die sich über den Bescheid des Marktamts maßlos ärgert. Ähnlich reagiert das Zimmer 37 in einem auf Facebook veröffentlichten Statement: "Sechs Jahre arbeiten wir hart und voller Idealismus. Dieser Bescheid ist wirklich eine Niederlage." Bei der Magistratsabteilung 59 (früher Marktamt) hält sich das Verständnis für die Betreiber in Grenzen: "Wir haben drei Jahre lang versucht, Lösungen zu finden", sagt Sprecher Alexander Hengl. Da es offensichtlich zu keiner Einigung kam, liegt man nun im Clinch miteinander.

Kreative Konzepte gefragt

Bei Kaas am Markt ist man sich indessen bewusst, dass man bezüglich der Einhaltung der Vorschriften einen eher kreativen Umgang pflegte: "Sicher, man hat die Regeln etwas überstrapaziert. Aber wir brauchen neue Konzepte." Damit sind solche gemeint, die Formen dieser Art eine gesetzliche Basis geben würden. Mit diesem Wunsch liegen die Betreiber im Trend, Angebote dieser Art mehren sich. Für Hengl von der MA 59 steht aber fest: "Schanigärten im Ausmaß von 25 Plätzen sind zu viel." Derzeit darf nur ein Drittel der Fläche des Marktes für gastronomische Zwecke verwendet werden, und das ist auf dem Karmelitermarkt bereits ausgeschöpft.

Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass der ursprüngliche Marktcharakter erhalten bleibt, damit die kleinen Stände nicht gänzlich verdrängt werden. Die Geschäftsbesitzer halten dagegen, dass sie auf das gastronomische Angebot angewiesen seien, da sie so die Wochentage mit niedriger Verkaufsfrequenz ausgleichen könnten. Es scheint jedenfalls nicht so, als würden sich die beiden Lokale bereits geschlagen geben: Online werden bereits Unterstützungs- und Aktionsideen gesammelt. (Vanessa Gaigg, 9.8.2016)