Im April stürmte die rechtsextreme Gruppierung der Identitären eine Jelinek-Aufführung mit Flüchtlingen im Audimax der Universität Wien. Der Prozess um Besitzstörung ist eröffnet.

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Wien – "Geschrei" ging durch das Audimax, als die rechtsextremen Identitären die Bühne stürmten und das Theaterstück "Die Schutzbefohlenen" störten, berichteten die Beschuldigten. Auf der Bühne entrollten sie ein Plakat, schrien Parolen und verteilten rote Farbe auf ein Transparent.

Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) an der Universität Wien klagte nun zehn Teilnehmer der Aktion, die identifiziert werden konnten, auf Besitzstörung. Berichten zufolge waren bis zu 30 Personen an der Aktion beteiligt. Drei Beschuldigte gaben zum Prozessauftakt am Mittwoch an, Studenten zu sein, womit die ÖH der Uni Wien auch eigene Mitglieder vor das Bezirksgericht Wien brachte.

Aussagen aufeinander abgestimmt

Beim zivilrechtlichen Prozessauftakt wurden sechs Teilnehmer der Aktion befragt. Der Grund für ihre Aktion dürfte vorher abgesprochen gewesen sein, denn sie behaupteten alle unisono, ihrem "Unmut" gegen den Inhalt des Theaterstückes, in dem Flüchtlinge mitspielten, "Ausdruck verliehen" zu haben.

Dass sie bei der Störaktion dabei waren, bestätigten alle Beschuldigten. Zum Verlassen des Saales hätte sie während der Aktion aber niemand aufgefordert. "Nazi raus!"-Rufe habe ich schon vernommen, aber ich bin kein Nazi", sagte Richard S. und grinste. Also hätte er sich auch nicht angesprochen gefühlt.

Identitäre mehrerer Ortsgruppen dabei

Die Namen der restlichen Aktionsteilnehmer, die auf einem Beweisfoto der Störaktion zu sehen sind, wollte keiner nennen. Schließlich seien auch Identitäre aus "anderen Ortsgruppen" dabei gewesen, und die kenne er nicht alle, sagte der Daniel S. Die Beamten des Verfassungsschutzes, die die Verhandlung beobachteten, hätten sich wohl mehr Informationen über die übrigen Personen gewünscht.

Verteidiger Julian Korisek berief sich darauf, seine Mandanten hätten sich nicht eigenmächtig Zutritt verschafft – es hätte keine Zutrittverbotshinweise gegeben, und die Anklage solle abgewiesen werden. Martin S., Mitglied der Identitären, die damit kokettieren, besonders hip zu sein, war mit rot-weiß-kariertem Hemd und Notebook anwesend.

Die Beschuldigten legten besonderen Wert darauf, auf die unverschlossenen Türen der Audimax-Veranstaltung hinzuweisen. Es habe sie niemand an der Teilnahme der Theateraufführung gehindert. Der Prozess wird am 9. November mit weiteren Zeugenaussagen weitergeführt. Beim Verlassen des Saales wies der Richter die Angeklagten auf die ebenfalls unverschlossenen Türen hin. (Gerhard Eichholzer, 10.8.2016)