Wenn Menschen ab 40 nur mehr drei Tage pro Woche arbeiten, freut sich nicht nur das Gehirn, sondern auch der Nachwuchs.

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Melbourne – Erhebungen der Statistik Austria zufolge arbeiteten im Jahr 2015 knapp drei Viertel der Erwerbstätigen in Österreich Vollzeit. 28 Prozent hatten einen Teilzeitjob, der weitaus überwiegende Teil waren Frauen.

Wissenschafter vom Institut für Angewandte Wirtschafts- und Sozialforschung der Universität Melbourne empfehlen jedoch ab dem mittleren Alter eine Drei-Tage-Arbeitswoche, unabhängig vom biologischen Geschlecht. In der Studie, die auf Daten der sogenannten HILDA-Umfrage (The Household, Income and Labour Dynamics in Australia Survey) basiert, wurden die kognitiven Leistungen, Arbeitsabläufe und -zeiten von 3.000 Männern und 3.500 Frauen ab 40 analysiert.

Das Ergebnis: Wer etwa die Lebensmitte erreicht hat, sollte nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten, alles darüber mindert die kognitiven Fähigkeiten. Erwerbstätige, die 60 oder mehr Stunden am Arbeitsplatz verbringen, schneiden bei den Leistungstests sogar schlechter ab als Menschen, die keinem Brotberuf nachgehen. Der einzige Vorteil: Sie haben mehr Geld, so die Studienautoren.

25-bis-30-Stunden-Woche trainiert den Geist

In den kognitiven Tests wurden Lesekompetenz, Erinnerungsleistung, abstraktes Denken und Lösungsorientierung erhoben. Bis zu einem Arbeitspensum von 25 bis 30 Stunden konnten die Forscher eine Zunahme der kognitiven Leistungen beobachten. Arbeit ist also grundsätzlich gut für das Gehirn, schlussfolgern die Forscher. "Unsere Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass sich Teilzeitarbeit besser dazu eignet, die geistigen Fähigkeiten eines Menschen zu verbessern", betont Studienleiter Colin McKenzie.

"Arbeit stimuliert die Gehirnzellen." Doch nur bis zu einem gewissen Grad: "Was die kognitive Leistungsfähigkeit betrifft, ist zu viel Arbeit schlechter als gar keine", ergänzt der Forscher. Die Autoren führen den negativen Effekt auf den physischen und psychischen Stress zurück, der auch dem Gehirn schadet.

Demnach sei auch die 38,5 oder 40-Stunden-Woche zwar gängige Praxis, aber der Produktivität nicht unbedingt zuträglich. – Mit einer Einschränkung: Die Wissenschafter vermuten, dass lange Arbeitszeiten für jüngere Menschen weniger nachteilig sein dürften. "Ich denke, dass die Regenerationsfähigkeit des Gehirns bei ihnen anders ist – sie sind noch belastbarer", so McKenzie.

Schwächen der Studie

Der Forscher räumt allerdings ein, dass weitere Einflussfaktoren in der Analyse unberücksichtigt blieben, sodass sich die Ergebnisse möglicherweise nicht auf alle Berufsgruppen umlegen lassen. Es wurde beispielsweise nicht genau unterschieden, wie anspruchsvoll die Arbeit ist, die die Probanden verrichteten. Zudem variieren die gesetzlichen Urlaubsansprüche von Land zu Land, was ebenfalls Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben kann. (gueb, 16.8.2016)