Fehlendes Vertrauen zwischen Chefs und Mitarbeitern kann fatale Folgen haben.

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Um das Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Führungskräften ist es schlecht bestellt. Und das ist wahrscheinlich noch ein Euphemismus: "Die Angestellten sind frustriert, aber die Vorgesetzten sehen es einfach nicht", heißt es in einer aktuellen Studie von Oxford Economics etwa, für die 600 Führungskräfte und 600 Angestellte weltweit über Herausforderungen am Arbeitsplatz befragt wurden.

Unterschiedliche Wahrnehmung

Die Wahrnehmung dieser Challenges ist laut Studie völlig unterschiedlich: 34 Prozent der Führungskräfte denken, dass ihren Mitarbeitern Work-Life-Balance ein wichtiges Anliegen ist, unter diesen bejahen dies weit mehr: 52 Prozent. Oder: 35 Prozent der Führungskräfte sind der Meinung, dass Hintergrundlärm die Zufriedenheit der Mitarbeiter mindert – für die überwiegende Mehrheit ist das Großraumbüro also eine tolle Sache. Unter den Angestellten sagten allerdings mehr als die Hälfte, dass eine laute Arbeitsumgebung frustriere. Diesen Gegensatz erklären sich die Experten von Oxford Economics damit, dass Führungskräfte offenbar in einer völlig anderen Welt leben. Beispiel Großraumbüro: 62 Prozent der Führungskräfte haben ein privates Büro, unter den Angestellten sind es nur 14 Prozent.

Vertrauen? Fehlanzeige

Dass Vorgesetzte von richtiger Führung keine Ahnung haben, attestiert auch die jüngste Untersuchung von EY mit 10.000 Befragten weltweit. Über die Hälfte von ihnen hat kein großes Vertrauen in die eigene Firma oder den direkten Vorgesetzten. Unfaire Bezahlung (53 Prozent), fehlende Chancengleichheit (48 Prozent), ein Leadership-Defizit (46 Prozent), hohe Fluktuation und das Versäumnis, ein kollaboratives Arbeitsumfeld zu schaffen (je 43 Prozent), sind die wichtigsten Gründe für das Defizit.

Das sollte zu denken geben, sagt Elfriede Baumann, personalverantwortliche Partnerin bei EY Österreich: "Denn gerade die junge Generation zögert in diesem Fall nicht, sich nach einem neuen Job umzuschauen. Wir wissen, dass das Vertrauen der eigenen Mitarbeiter ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens ist." Auch bei Oxford Economics schrillen die Alarmglocken: "Das sind Probleme, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen sollten. Dafür müssen sie diese jedoch zunächst erkennen", sagt Edward Cone, Deputy Director of Thought Leadership und Technology Practice Lead bei Oxford Economics.

Resignation als Reaktion

Wer aufgrund der Unzufriedenheit nicht geht, macht Dienst nach Vorschrift, zeigt weniger Engagement, und die Produktivität sinkt. Qualität wird zur Nebensache, mitunter wird sogar negativ gegenüber Kollegen oder Bewerbern über das Unternehmen gesprochen, so die EY-Studie.

Also lieber schnell reagieren, Vertrauen bilden. Das könne beispielsweise durch das Einhalten von Versprechen gelingen, durch Offenheit, Transparenz und vor allem Dialog, schlussfolgern beide Organisationen. Mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer bezweifeln in der EY-Studie, dass ihnen hartes Arbeiten und das Erreichen der gesteckten Ziele eine Gehaltserhöhung oder Beförderung einbringen – eine weitere Schraube, an der Vorgesetzte drehen können. Und, vor allem beim Überstundenweltmeister Österreich relevant: 28 Prozent erwarten Nachteile, wenn sie keine Überstunden machen. Auch ist oft unklar, ob man in der Freizeit erreichbar bleiben muss.

Versprechen halten

"Wer Leistung einfordert, muss auch ein Umfeld schaffen, in dem Menschen diese gern erbringen. Eine werteorientierte Führung wird immer mehr zum Gradmesser für eine zukunftsorientierte Unternehmenskultur, in der sich Menschen entfalten können", sagt Baumann. Der Schlüssel zur Zufriedenheit sind, wie aus beiden Studien hervorgeht, ganz banale Dinge wie beispielsweise Ruhe oder eingehaltene Versprechen. (lhag, 14.8.2016)