Wien – Edi Nulz ist jederzeit für Täuschungsmanöver und Überraschungen gut. Das beginnt beim Namen, der einem Ritter, Begründer des fiktiven Orts Krachberg, geschuldet ist. Nicht weniger fintenreich ist die Musik des Trios, das sich hinter der verspielten Mythologie um den Bandnamen versteckt. Kammermusikalisch anmutende Kompositionen werden mit von Punk-Ethos geprägten Improvisationen vermengt und mit der Schlagkraft einer Rockband präsentiert. Ohne Bass. Dafür mit Humor und Lust am Unberechenbaren.

Rittern zu dritt durch die Gefilde von Jazz, Kammermusik und Punk: Siegmar Brecher, Julian Adam Pajzs und Valentin Schuster (v. li.).
Foto: Antonia Renner

"Mit viel Interaktion auf der Bühne und Humor kann man komplexe, schwere Kost spielen, ohne dass es die Leute richtig merken", so Schlagzeuger Valentin Schuster im Gespräch. Begonnen hat für ihn alles ziemlich lärmig als Duo mit Gitarrist Julian Adam Pajzs, das sich freien Improvisationen verschrieb. Für Schusters Abschlusskonzert an der Grazer Kunstuni versuchte man sich auch an notiertem Material. Und zwar derart erfolgreich, dass noch im September 2011 das Debütalbum "Jetzt" mit dem Dritten im Bunde, Bassklarinettist Siegmar Brecher, aufgenommen wurde.

Dass Improvisationen oft durchkomponiert wirken und umgekehrt Kompositionen den Anschein des Spontan-Chaotischen erwecken, ist auch fünf Jahre später ein Markenzeichen von Edi Nulz geblieben. Das sei kein Konzept, sondern habe sich so ergeben. Schuster: "Wir haben gern Nummern, die man auf sehr unterschiedliche Arten spielen kann, und versuchen uns dann live gegenseitig zu überraschen. Die Improvisationen haben sich dabei in eine Richtung entwickelt, dass sie manchmal wie kleine Lieder innerhalb eines Liedes wirken."

Keine Angst, mit der oft nervenden Aneinanderreihung halsbrecherischer Breaks, mit der schlechte Fusion-Bands vermeintliche Virtuosität ausstellen, haben die stimmigen Szenenwechsel von Edi Nulz nichts zu tun. Die Einflüsse, die die drei studierten Jazzer in die Band eingebracht haben, sind dabei recht unterschiedlich. Konsens herrscht hinsichtlich der Vorliebe für die kalifornischen Pop-Dekonstruktivisten Deerhoof.

KinoKrachberg .EDI NULZ

"Wir stehen aber auch auf kaputte Latin- und Surf-Musik", so Schuster. Als kostbare Fundgrube haben sich unter anderem Beat-Music-Sampler der DDR-Plattenfirma Amiga erwiesen. Dass sich Hardcore Punk und Death Metal mit Free Jazz verbinden und damit gehörig Druck aufbauen lässt, hat man bei der US-Fusion-Band The Flying Luttenbachers gehört, bei der ebenfalls eine Bassklarinette zum Einsatz kam.

An sich kein lautes Instrument, gehört die Bassklarinette zu den wesentlichen Ingredienzien von Edi Nulz. Bandkollege Brecher hat in den Jahren des Zusammenspielens einen brachialeren Sound entwickelt, der mit Drums und E-Gitarre nicht nur mithält, sondern mühelos zwischen melodiösen Improvisationen und groovigen Basslinien wechselt. Umgekehrt wechselt auch Gitarrist Pajzs mit der Baritongitarre immer wieder in tiefere Frequenzbereiche. "Rockband heißt, dass es nicht nur untenrum anschieben muss, das braucht schon eine gewisse Intensität", so Schuster.

Zwar sei auch der Fake Jazz der Lounge Lizards vom Habitus her wichtig gewesen, aber mit dem mittlerweile dritten Studioalbum hat sich Entspannung eingestellt: "Es geht uns nicht mehr darum, konkret von irgendwem etwas auszuborgen oder etwas ganz Bestimmtes zu machen. Wir wollen einfach schöne Musik schreiben und spielen."

KinoKrachberg .EDI NULZ

Für die Genese von "An der vulgären Kante" (Unit Records) lag der mythische Ort Krachberg gewissermaßen im Erzgebirge, wohin sich die Band samt Aufnahmeequipment eine Woche zurückgezogen hatte. Dass das Endprodukt mit einem außergewöhnlich präsenten Sound besticht, hat damit zu tun, dass die Tontechniker bestimmte Frequenzen mit altem Analogequipment hervorkitzelten. Ein weiteres Album ist bereits in Arbeit. Zunächst präsentieren Edi Nulz ihre Mixtur aber beim Jazzfestival Saalfelden – "eine Riesenehre", so Schuster. Einen Leader gibt es laut dem Drummer bei Edi Nulz übrigens nicht: "Wir sind ein autonomes Kollektiv – wie Monty Python." (Karl Gedlicka, 23.8.2016)