Etwa 350 Millionen Menschen leiden an chronischen Infektionen mit Hepatitis B-Viren, 25 Millionen Menschen an Hepatitis D, das nur gemeinsam mit Hepatitis B auftritt. Zugelassene Therapien für Hepatitis B führen in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zur Ausheilung und für Hepatitis D gibt es bisher überhaupt keine spezifische Therapie.

Am Universitätsklinikum Heidelberg konnte das Team um DZIF-Professor Stephan Urban mit Myrcludex B einen Wirkstoff entwickeln, der in vitro und in Tierversuchen den Eintritt von Hepatitis B- und D-Viren in die Leberzelle blockiert. In zwei klinischen Studien konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass der Wirkstoff vom Menschen sehr gut vertragen wird und er tatsächlich auch im Menschen einen Effekt auf Hepatitis-D-Viren hat.

"Myrcludex B ist der erste Vertreter einer neuen Therapieklasse für Hepatitis B und D", erklärt Walter E. Haefeli, der die Phase-I-Studie gemeinsam mit Antje Blank am Universitätsklinikum Heidelberg durchführte. "Zum ersten Mal konnte die Substanz erfolgreich und mit sehr guter Verträglichkeit an Menschen verabreicht werden. Dies ist ein Meilenstein in der Entwicklung jedes Medikaments."

Myrcludex in den Studien

In der auf Erstanwendungsstudien spezialisierten Studieneinheit KliPS am Universitätsklinikum Heidelberg erhielten 36 freiwillige, gesunde Probanden den Wirkstoff bis zu einer hohen Dosis von 20 mg injiziert. "Myrcludex B wurde bis zur höchsten Dosierung sehr gut vertragen und wir wissen nun für die weiteren Studien, wie sich das Medikament im Menschen verhält", freut sich Blank, die Erstautorin der veröffentlichten Studienergebnisse.

In der noch laufenden zweiten Studie, die am Moscow Regional Research Clinical Institute in Russland durchgeführt wird, konnte die Annahme bestätigt werden, dass Myrcludex B tatsächlich einen Effekt auf Hepatitis D-Viren hat. 24 Patienten mit chronischer Hepatitis D haben an dieser Pilotstudie teilgenommen und erhielten entweder den neuen Wirkstoff oder Interferon alpha oder eine Kombination aus beidem.

"Die Zwischenergebnisse dieser Studie zeigten, dass Myrcludex B nach einem halben Jahr die Last an Ribonukleinsäuren des Hepatitis-D-Virus in einem Teil der Patienten bei guter Verträglichkeit deutlich senkte und zu einer Normalisierung der Leberwerte führte", fasst Urban die Ergebnisse zusammen.

Virales Erbgut hemmen

Da es für Hepatitis-D-Infektionen, die aggressivste Form viraler Leberentzündungen, das erste spezifisch wirkende Mittel wäre, sehen die Forscher gute Chancen für eine schnelle Weiterentwicklung und hoffen, dass sich diese Effekte in größeren Therapiestudien, die gerade anlaufen, bestätigen.

Bei der Entwicklung von Myrcludex B haben die Wissenschafler eine Möglichkeiten gefunden, das Erbgut von Hepatitis-B-Viren gezielt im Zellkern der Leberzellen anzugreifen. Damit eröffnen sich auch hier neue Therapiemöglichkeiten. (red/idw, 18.8.2016)