Für ein 3-D-Modell werden die Wände der Stollen abfotografiert. Die Ausleuchtung stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Deutlich sind das großteils aus abgebrannten Spänen zusammengesetzte Heidengebirge und das darunterliegende Salzgestein, das sogenannte Haselgebirge, zu erkennen.

Foto: NHM / Daniel Brandner

Unter dem bronzezeitlichen Förderschacht treffen die Spuren zweier unterschiedlicher Bergbaue aufeinander.

Foto: NHM / Daniel Brandner

Bronzezeitliche Abbauspuren in der Stollenwand werden mit dem 3D-Modell sichtbar gemacht.

Foto: NHM / Daniel Brandner

Hallstatt – Haben Bergleute im bronzezeitlichen Salzbergwerk von Hallstatt versehentlich einen anderen Stollen angegraben? Ein neues Rätsel bereitet den Archäologen des Naturhistorischen Museums Kopfzerbrechen.

Direkt unter dem Förderschacht des mehr als 3300 Jahre alten Bergbaus stoßen zwei unterschiedliche Werke aufeinander. Dies verrät das sogenannte Heidengebirge – die von den Bergleuten zurückgelassene und vom Bergdruck verdichtete Müllhalde enthält hauptsächlich abgebrannte Leuchtspäne, aber auch Reste von Werkzeugen, Stoffen, Seilen, Nahrung und Exkrementen. Das Salz hat für die Archäologen eine wahre Schatzkiste konserviert.

Während in dem einen Werk schmale, flache Leuchtspäne verwendet wurden, benutzten die Bergleute in dem anderen Bergbau Späne mit einem nahezu quadratischen Querschnitt. Für eine dendrochronologische Datierung reichen die vorhandenen Spanreste jedoch nicht aus, und die C14-Methode ist zu ungenau, um die zeitliche Abfolge verlässlich klären zu können. Mit den Forschungsstollen stehen den Wissenschaftern nur winzige Fenster in die Vergangenheit offen, denn die bronzezeitliche Abbauhalle kann aus statischen Gründen nicht komplett freigelegt werden. Wenn man in den engen Gängen steht, sieht man zwar die Stollenwand vor sich, doch die großen Zusammenhänge in dem Gewirr aus Gängen, Ablagerungsschichten und eingestürzten Schachtausbauten kann man so nicht wahrnehmen.

Bergwerk zum Ausdrucken

Ein 3-D-Modell des gesamten Salzbergs soll nun bei der Klärung der Vorgänge im bronzezeitlichen Bergwerk helfen. Daniel Brandner von der Universität Innsbruck fotografiert dazu mit einer Spiegelreflexkamera jeden Zentimeter der Stollen aus verschiedenen Perspektiven. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Ausleuchtung der engen Stollen mit den dunklen, lichtschluckenden Wänden dar.

Aus den gewonnenen Daten von hunderten und tausenden Fotos errechnet ein Programm ein dreidimensionales Abbild der Stollenwände, das sich mit einem 3-D-Printer sogar ausdrucken lässt.

Auf diese Weise soll nicht nur ein "gläsernes Bergwerk" entstehen, sondern das gesamte Hallstätter Hochtal, das mit Drohnen vermessen wird, interaktiv virtuell erlebbar gemacht werden. Wie in einem Computerspiel sollen die Besucher durch das Hochtal fliegen und in die Stollen eintauchen. Dort können sie die einzelnen Fundstücke in 3-D betrachten und bekommen den aktuellen Stand der Forschung präsentiert. Für Hans Reschreiter, den Leiter der archäologischen Ausgrabungen im Hallstätter Salzberg, stellt dies eine ideale Synthese aus einem Vermittlungs- und einem Wissenschaftstool dar. Studenten können nicht in großen Gruppen durch die engen Gänge der Ausgrabungen geführt werden, doch nun kann das Bergwerk in Originalgröße den Hörsaal besuchen.

Dringliche Dokumentation

Die Digitalisierung dient auch der dringend notwendigen Dokumentation. Viele Stollen werden von den Salinen Austria, die die Forschung in ihrem Bergbau unterstützen, wirtschaftlich nicht mehr genutzt und daher auch nicht mehr gewartet. Damit ist es unausweichlich, dass der Berg diese Stollen in kurzen Zeiträumen schließen wird. Im Berg gibt es mehr als hundert archäologische Fundstellen, die Forscher müssen daher auch darüber entscheiden, welche von diesen die ältesten, die wichtigsten oder die ergiebigsten sind.

Bei der Sommerveranstaltung "Archäologie am Berg" können die Besucher an diesem Wochenende die Arbeit der Forscher selbst erleben und sogar mit nachgebauten Pickeln im Dienste der Wissenschaft selbst anpacken. Damit soll der tägliche Materialverlust der Bronzewerkzeuge durch das ständig nötige Nachschärfen der Spitzen errechnet werden. (Michael Vosatka, 19.8.2016)