Anna Döpfner
Frauen im Technikmuseum

Ursachen und Lösungen für gendergerechtes Sammeln und Ausstellen
Transcript Verlag 2016
230 Seiten, 24,99 Euro

Foto: Transcript Verlag

Den "Frauen im Technikmuseum" – als Besucherinnen und Gestalterinnen – widmet Anna Döpfner ihr neues Buch, das kürzlich im Transcript Verlag erschienen ist. Warum sind Technikmuseen in der Regel für Frauen so wenig attraktiv? Diese Frage treibt die Autorin nach langjähriger Innensicht auf das Technikmuseum Berlin an. Ihre Bestandsaufnahme zeigt: Rund zwei Drittel der BesucherInnen sind männlich – und das ist nicht nur in Berlin so. Unterschiedlich, so hat sie durch Fragebögen erhoben, sind auch die Erwartungshaltungen: Männer interessieren sich überwiegend für "technische Daten und geschichtliche Entwicklung", Frauen eher für "Informationen über die Auswirkungen und Folgen von Technik". Männer besuchen technische Museen oft allein, Frauen oft mit ihrer Familie.

Feministische Technikkritik

Nach dieser Beschreibung des Status quo der Geschlechterverhältnisse im Technikmuseum untersucht Döpfner die Ursachen der Exklusion, um in der Folge Ansatzpunkte der Inklusion zu entwickeln. "Alle ausgestellten Artefakte", so die Autorin, setzten "den neuzeitlichen Prozess der Trennung des Menschen von der Natur" voraus. "Wissenschaftskritik als Infragestellung des Objektivitätsanspruches der Naturwissenschaften" sei noch viel zu selten strukturelles Element der Ausstellungen. In diesem Zusammenhang verweist sie auch auf feministische Technikkritik und den Zusammenhang zwischen patriarchalen, gesellschaftlichen Strukturen und einem ausbeuterischen, herrschaftlichen Naturverhältnis.

Was tun?

Wie kann das zum Besseren verändert werden? Mithilfe der Analysekriterien "Gender, Race und Class" solle untersucht werden, "wo Ausstellungen bestehende Machtverhältnisse abbilden und in welcher Weise sie zu Erhalt oder Veränderung von dauerhaft sozialer Ungleichheit beitragen". Weiters fordert sie eine "globale Erweiterung der Museumsthemen" weg von der "Zentralperspektive weißhäutiger Männer aus der Mittelschicht". Die bloße Erfassung der Objekte nach Chronologie, Material oder Herkunft solle einer Kontextualisierung der Objekte weichen.

Als kurzfristige Maßnahmen schlägt sie Vermittlungsarbeit, die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache sowie sogenannte Interventionen in bestehenden Daueraustellungen vor. Diese sollen zu "multiperspektivischem Denken" anregen.

Langfristig fordert Döpfner eine andere Personalpolitik – bei den WissenschafterInnen in technischen Museen sieht es nicht viel anders aus als bei den BesucherInnen: Rund zwei Drittel sind männlich. Auch die Beachtung von Genderaspekten bei der architektonischen Gestaltung – sie nennt das Militärhistorische Museum in Dresden als gelungenes Beispiel – könne zur Inklusion beitragen. Die Untersuchung von vorhandenen "Leerstellen" in den Sammlungen sei ebenso sinnvoll wie Neusichtungen der Bestände in Hinblick auf eine "Kulturgeschichte der Technik".

Vorbildliches "In Arbeit"

Lobend erwähnt die Autorin in diesem Zusammenhang das Ruhr-Museum Essen, das Science Museum London – und auch das Technische Museum Wien. Hier insbesondere die seit 2011 auf sechs Jahre ausgelegte Ausstellung "In Arbeit", die von künstlerischen Interventionen ("at your service") begleitet wurde. Die grundsätzliche Bezogenheit auf "Gender, Race und Class" sei hier bereits vorbildlich umgesetzt. (Der Hauptteil dieser Ausstellung ist derzeit im Technischen Museum Wien zugänglich.)

Döpfner findet es generell sinnvoll, weg vom Thema Technik, stärker hin zum Thema Arbeit zu fokussieren, weil so "alle Menschen eingebunden" seien. Auch die Themen "Krieg und Gender" seien eine große Forschungsaufgabe, "denn Frauen sind nirgends so abwesend wie in Ausstellungen zur Kriegsgeschichte". Dem Konzept der "Wunderkammer", wie es zum Beispiel im neuen Humboldt-Forum Berlin geplant sei, stellt sie ein multiperspektivisches, "wildes Museum" als Alternative gegenüber. Spannend! (Tanja Paar, 23.8.2016)