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Beamon sprang 1968 in die Geschichtsbücher.

Foto: dpa/Hasse Persson

New York – Mit einem Super-Flug in die Sandgrube hat Bob Beamon bei Olympia 1968 in Mexiko seine Rivalen geschockt und die Leichtathletik-Welt verblüfft. Die 8,90 Meter des US-Weitspringers wurden damals als "Jahrhundert-Weltrekord" gefeiert. Tatsächlich hielt er knapp 23 Jahre bis zum 30. August 1991, als Mike Powell mit 8,95 m in Tokio WM-Gold holte. Am Montag (29.8.) feiert Beamon seinen 70. Geburtstag.

"8.90" – Nur drei Ziffern und einen Punkt muss der berühmteste Weitspringer der Welt aufs Papier kritzeln, um die Autogrammjäger wunschlos glücklich zu machen. Bob Beamon schreibt er gar nicht mehr drunter.

Diesen Mann kennt ja jeder – und seine irre Geschichte auch: Mexiko-Stadt, 18. Oktober 1968, 15.40 Uhr Ortszeit: 19 Schritte Anlauf in sechs Sekunden, der Fuß traf den Balken haargenau. Wie vom Katapult beschleunigt, schnellte der schlanke afroamerikanische Modellathlet durch die Luft. Er ruderte mit Armen und Beinen und landete ganz am Ende der Sandgrube: 8,90 Meter!

Ein Flug für die Ewigkeit

Mit seinem unglaublichen Weitsprung-Weltrekord im olympischen Finale stieß Beamon die Tür zum neuen Jahrtausend weit auf. Bis heute wird er verehrt, zehntausend Mal hat er seine atemberaubende Geschichte bestimmt schon erzählt. 1983 wurde Beamon in die olympische Ruhmeshalle der USA aufgenommen.

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Dass der Jubilar noch gut drauf und immer für einen Gag gut ist, bewies Beamon kürzlich in einem launigen TV-Spot. Vor Olympia in Rio hatte er jenem Weitenjäger, der seinen "ewigen" Rekord knackt, ein Bier versprochen. Das muss der Oldie nun allein zischen. Denn Sieger Jeff Henderson (USA) fehlten 52 Zentimeter zum olympischen Weitsprung-Rekord. Der steht nun mindestens 52 Jahre – bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio.

"Wir waren Pioniere"

"Wenn ich daran zurückdenke, bewegt mich das immer noch sehr", sagte Beamon unlängst in einem Radio-Interview. "Wir waren damals Pioniere", seine Nachfolger hätten heute viel größere Möglichkeiten. "Viele suchen nur den kürzesten Weg zum Erfolg. Den gibt es aber nicht, es ist harte Arbeit", betonte der 1,91 m große Ex-Weltrekordler. Und: "Nichts ist wichtiger als deine Gesundheit, da hilft dir auch alles Geld der Welt nicht."

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Wenn Beamon wie hier 2015 spricht, geht es meist um die selbe Geschichte.
Foto: AP/Alex Brandon

US-Astronaut Neil Armstrong setzte am 21. Juli 1969 seinen Fuß als erster Mensch auf den Mond – ein kleiner Schritt für ihn, ein großer Sprung für die Menschheit. Das galt auch für Beamon neun Monate früher. Dem Leichtathleten reichte eine Sternstunde in 2.248 Meter Höhenluft dafür. Fast hätte man sagen können: Er kam mal "auf einen Sprung" vorbei. Denn die 8,90 schaffte er gleich im ersten Versuch, legte dann 8,04 Meter nach – und ließ die letzten vier Versuche aus.

Perfekte Bedingungen

Die Erinnerungen an den größten Tag seines Lebens werden Beamon für immer begleiten. Als ob es gestern wäre, kann er die entscheidenden Sekunden ins Gedächtnis abrufen: "Die Bedingungen waren ideal. Geschwindigkeit, Absprung, alles stimmte. Ich denke, ich hatte ein Tempo von umgerechnet 10,0 Sekunden für die 100 Meter drauf."

Olympia-Gold hatte Beamon damit gleich nach seinem Auftaktsprung sicher, aber die verblüfften Kampfrichter maßen noch mit einem Stahlband nach, denn die automatische Anlage war nur für Weiten bis 8,60 Meter eingerichtet. "Verglichen mit seinem Sprung waren wir wie Kinder", meinte sein geschlagener sowjetischer Rivale Igor Ter-Owanesjan.

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Vor den Olympischen Spielen 2004 in Athen war Bob Beamon Fackelläufer.
Foto: Reuters/Todd Warshaw/Pool

Staunend wie die ganze Welt musste er mitansehen, wie der 22-jährige "Bobby" aus New York den Weltrekord von Ralph Boston förmlich pulverisierte. Gleich 55 Zentimeter segelte Beamon weiter, Ter-Owanesjan wurde am Ende mit 8,12 m nur Vierter hinter DDR-Springer Klaus Beer (8,19) und dem entthronten Weltrekordler Boston (USA/8,16).

1991 geknackt

Die Zweifel an der außerirdischen Leistung blieben, doch der Rekord hielt allen Stürmen stand – bis zum 30. August 1991. In einem denkwürdigen WM-Finale holte sich Powell mit 8,95 Meter Gold, sein US-Landsmann Carl Lewis lieferte ihm bis zum letzten Sprung einen Kampf auf Biegen und Brechen. Für 8,91 Meter – mit zu viel Rückenwind – bekam "Carl der Große" nur Silber.

Nach seinem Olympiasieg tingelte Beamon noch ein wenig im Hallen-Zirkus herum, kam aber nie auch nur annähernd an seinen Wahnsinnssprung heran. Mit Gelegenheitsjobs als Co-Trainer oder Sozialarbeiter hielt sich der gelernte Schneider über Wasser. 1972 schloss er sein Soziologie-Studium an der Adelphi University ab, im selben Jahr scheiterte ein Comeback-Versuch. 1973 wurde Beamon für kurze Zeit Profi. Doch Gold ließ sich im Amateur-Zeitalter nicht versilbern. (APA, 26.8.2016)