Österreich" stellte Gabalier als Pop-Messias von Kitz vor.

FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER

Natascha Kampusch, gefangen in einer Endlosschleife, titelte "Die Presse" zum zehnten Jahrestag von Kampuschs Flucht, wobei es um ein Problem ging, das sich nach nur zehn Jahren vielleicht noch gar nicht klären lässt, ums Scheitern. Ich weiß nicht, ob ich in Zukunft als gescheitert gelten werde. Es kommt immer darauf an, nach welchen Maßstäben man "Scheitern" bemisst. Damit hat sie natürlich recht und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf die Endlosschleife gelenkt, in der ein anderer dahinschlittert, der sich die Frage, ob er in Zukunft als gescheitert gelten werde, gar nicht erst stellt, weil für ihn klar ist, nach welchen Maßstäben man "Scheitern" vermeidet. Und so wie er dahinschlittert, musste in den letzten Tagen auch dem abgehärtetsten Konsumenten des Boulevards schwindlig werden.

"Dass das der absolute Ritterschlag für alle Weltstars gewesen ist, ist mir bewusst, und so freue ich mich uuuuunfassbar darauf, auf diesem Wege Geschichte schreiben zu dürfen!!!", freut sich Andreas Gabalier in "Österreich" am Freitag über die Einladung, in der Konzertreihe "Unplugged" auftreten zu dürfen. Die "Krone" machte vom selbsternannten Historiker in Leiberl und Lederhose auf Seite 1 Gebrauch und noch einmal im Adabei. Sir Paul McCartney hat es getan, Eric Clapton, Bryan Adams, die Kultband Nirvana, Herbert Grönemeyer, die Sportfreunde Stiller oder Bob Dylan haben es auch getan. Da hatten sie ihre Ritterschläge – anders als der erste Austro-Künstler – allerdings schon hinter sich.

Am Samstag stellte "Österreich" Gabalier als Pop-Messias von Kitz vor, ohne dass es sonstige Neuigkeiten gegeben hätte, außer der: Heute gedenkt er verstorbener Oma. Diesem Anlass gemäß erklärt er sein Faible für die Gamsstadt so: "Kitzbühel ist fast so etwas wie meine zweite Heimat." Wo seine zweite Heimat liegt, blieb offen, weshalb die Endlosschleife weiter gezogen werden musste. Phänomen. Gabalier füllte in Kitz wieder das Stadion. Sammelte BHs ein. Diese künstlerische Leistung wurde mit dem Titel Gabalier in Kitz: Triumph und Tränen belohnt. Wiederholt wurden das Lebewohl für Omi, diesmal als emotionelles Highlight, und die Reklamation des Ritterschlags.

Nicht aufgefallen war "Österreich" das Wetter in der Gamsstadt, weshalb am Montag nachgetragen wurde Kitzbühel-Konzert – Gabalier trotzt dem Regen. Was mit den eingesammelten BHs geschah, blieb offen, dafür fand die Redaktion, dass sich der Himmel von der Trauerstimmung, die kurzzeitig im Stadion einkehrte, mitreißen ließ. Es ging wieder um die Oma, diesmal nicht Omi. Ihr widmete er das tränentreibende Lied "Amoi seg' ma uns wieder" – im Publikum blieb kein Auge trocken. Es war also eine ziemlich nasse Veranstaltung in der Gamsstadt.

Endlich am Dienstag war ein Ereignis zu vermelden: Hetze gegen Andreas Gabalier. Und wer kam dem Strache der Volksmusik sofort zu Hilfe? FPÖ zeigt SPÖ-Politiker an. Es handelte sich um den Langenzersdorfer Christoph Baumgärtel. Dieser reagierte auf ein Posting von FPÖ-Chef Strache, der, weil er gerade nichts Besseres zu tun hatte, Gabalier als "großen Musiker" lobte. Dieses musikalische Opfer konterte Baumgärtel kunstkritisch, aber im Rahmen des Zulässigen: "Die absolute Mehrheit der Österreicher kotzt sich sicher an, wenn sie diesen Vollpfosten musizieren hört."

Es ist möglich, dass Baumgärtel die Österreicher damit leicht überschätzt, was für ihn spricht. Dieser Fehler unterlief ihm nicht zum ersten Mal, er ist vorbestraft, da er Strache im April öffentlich als "Arsch" bezeichnet hat. Da es sich hier nicht um Kunstkritik handelte, wurde Baumgärtel zu 30 Tagsätzen à 90 Euro, also 2700 Euro, verurteilt – für alle, die daran denken, ihrer Meinung freien Lauf zu lassen.

Weniger glücklich war Baumgärtels Äußerung, mit Kurt Cobain habe sich der Falsche erschossen, als Reaktion auf einen User, der zum Pop-Messias von Kitz meinte, "Curt Cobain dreht sich im Grab um". Für diese spontane, zugegeben geschmacklose Reaktion entschuldigte sich Baumgärtel, aber in einem blieb er fest. Am Dienstag lieferte er "Heute" den Aufmacher: Deshalb nannte ich Gabalier "Vollpfosten". Weshalb, wurde auch im Blattinneren musikalisch nicht, politisch eher geklärt: "Gabalier wird von der FP instrumentalisiert." Nicht nur das, auch verteidigt. Wiens FPÖ-Stadtrat Toni Mahdalik kündigte eine Anzeige an – wegen des Verdachts der Verhetzung. In dieser Endlosschleife kennt sich die FPÖ bestens aus. (Günter Traxler, 27.8.2016)