Man muss dem Verfassungsgerichtshof dankbar sein. Nur durch die Aufhebung der Stichwahl zur Hofburgwahl wurde der Öffentlichkeit bewusst, wie antiquiert die heimischen Wahlbestimmungen zum Teil sind. Fotos der Spitzenkandidaten bei der Stimmabgabe sind bei exakter Auslegung der Gesetze nicht erlaubt, weil schon die Anwesenheit von unbefugten Personen im Wahllokal von "Einfluss auf das Wahlergebnis" sein könne.

Verboten ist es auch, den Stimmzettel selbst in die Wahlurne zu werfen; ein Verhalten, das wohl schon zigtausende Österreicher, auch der Autor dieser Zeilen, illegalerweise an den Tag gelegt haben. Bei der Wiederholung der Stichwahl am 2. Oktober werden auch keine Ergebnisse vor 17 Uhr an die Hochrechner weitergegeben – eine weitere Reaktion auf den VfGH-Spruch. Die Reaktion des Innenministeriums ist natürlich verständlich. Es will alles daran setzen, dass dieses Mal keine Formalfehler passieren.

Nach der Wahl sollten sich die Parteien aber schleunigst zusammensetzen und das Wahlgesetz gründlich durchforsten. Offene Fragen gibt es genug: Warum ist es hierzulande nicht zulässig, die Wahlkarten noch am Wahlsonntag mitauszuzählen? Warum sind Wahlkarten, die zugeschickt, aber vor dem Stichtag aufgegeben wurden, ungültig? Warum sind auf der ganzen Welt Fotos bei der Stimmabgabe erlaubt, bei uns aber nicht? Darauf zeitgemäße Antworten zu geben, sollte auch in Österreich möglich sein. (Günther Oswald, 26.8.2016)