Es gibt wesentlich mehr ältere als junge Wähler. Die Rechte für Jugendliche haben sich in den letzten 40 Jahren trotzdem verbessert.

Foto: apa/Roland Schlager

Wien – Die Politik ist heute noch weniger auf die Stimmen von Jungwählern angewiesen als früher. 2016 sind knapp zwei Millionen der österreichischen Wahlberechtigten 60 Jahre oder älter. Ihnen gegenüber stehen 670.000 Wahlberechtigte, die zwischen 16 und 24 Jahre alt sind.

1982 hielten sich die Altersgruppen noch stärker die Waage. Obwohl damals Wählen erst ab 18 Jahren erlaubt war, gab es 850.000 Jungwähler zwischen 18 und 24 Jahren und 1,4 Millionen Wähler ab 60 Jahren.

Trotzdem hat die Politik seit den 1970er-Jahren für junge Menschen viel verbessert. Die Kinderrechte wurden in den Verfassungsrang gehoben, das Züchtigungsrecht der Eltern durch ein Gewaltverbot in der Familie ersetzt. Die Bundesjugendvertretung (BJV) hat seit 2001 sozialpartnerschaftlichen Status und sitzt somit in allen Arbeitsgruppen der Regierung, die über Kinder und Jugendliche entscheiden.

Marginalisierte Gruppe

David Neuber vom Vorsitzteam der BJV ist dennoch nicht restlos begeistert. "Jugendliche sind eine marginalisierte Gruppe", sagt er. Rechtliche Verbesserungen würden sich nicht immer auf die Praxis auswirken. "Theoretisch sitzen wir in allen Arbeitsgruppen, praktisch hat die Industriellenvereinigung einen größeren Einfluss, obwohl sie keinen sozialpartnerschaftlichen Status hat."

Auch Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend (SJ) sagt, dass Forderungen Jugendlicher mitunter aufgrund des geringen Wähleranteils oft nicht umgesetzt würden. Als Beispiele nennt sie Politische Bildung als Pflichtfach in der Schule und günstige Tickets für öffentliche Verkehrsmittel. "Das wird in allen Jugendorganisationen über Parteigrenzen hinweg gefordert, trotzdem passiert nichts."

Mehr Einfluss auf die Politik

Ein Versuch, den Einfluss Jugendlicher auf die Politik zu verstärken, war die Wahlaltersenkung auf 16 Jahre im Jahr 2007. Zu der Frage, ob sich seither die Politik der Jugendlichen stärker annimmt, gibt es noch keine wissenschaftlichen Erhebungen.

Eine Studie der Politologin Eva Zeglovits und der Psychologin Martina Zandonella zeigt jedenfalls, dass sich das politische Interesse der Jugendlichen gesteigert hat, seit sie ab 16 Jahren wählen dürfen. Sagten 2004 nur acht Prozent der befragten 16- und 17-Jährigen, dass sie sich sehr für Politik interessierten, waren es 2008 schon 22 Prozent. Zudem nehmen 16- und 17-jährige Erstwähler häufiger an Wahlen teil als Erstwähler mit 18 oder 19.

Abgesehen vom Wahlrecht sieht Zeglovits noch einen Vorteil für heutige Jungwähler: "Das Angebot ist vielfältiger." Sind in den 70er-Jahren noch maximal sieben Parteien bei Nationalratswahlen angetreten, gab es 2013 insgesamt 14 Möglichkeiten, sein Kreuzerl zu machen. Vom Angebot abseits von SPÖ und ÖVP machen vor allem Junge Gebrauch: "Sie wählen häufiger FPÖ oder Grüne."

Durschnittsalter der Politiker bei 50 Jahren

Die Beteiligung an Politik sei zudem durch die sozialen Medien erleichtert worden, sagt Zeglovits. "Jugendliche auf dem Land konnten schwer zu einer Demonstration nach Wien fahren, jetzt können sie sich online mit jenen vernetzen, die ähnliche Interessen haben."

Kaum verändert hat sich das Durchschnittsalter der Politiker: Seit vierzig Jahren liegt es bei rund fünfzig Jahren. Aber: Waren Abgeordnete unter 30 Jahren in den 70er-Jahren noch so gut wie gar nicht vertreten, sitzen heute immerhin sieben im Parlament. Herr warnt aber davor, diese als "Aushängerschilder" zu sehen, die nur auf Jugendthemen reduziert seien, Jugendpolitik sei Querschnittsmaterie. In der eigenen Partei sei es heute genauso schwierig, sich als junger Mensch Platz zu verschaffen, wie früher. (Lisa Kogelnik, 30.8.2016)