Die Abschaffung des Pressefoyers nach dem Ministerrat durch Bundeskanzler Christian Kern ist eine Frustreaktion.

Medienvorgänge, die er nicht oder nur begrenzt kontrollieren kann, sind ihm unangenehm. Er ist zwar rhetorisch weit besser als sein Vorgänger Werner Faymann und als fast alle Minister (Ausnahme: Sebastian Kurz), aber er will gern den Rahmen der Kommunikation bestimmen (Framing).

Vor allem aber ist es ein Frust über den Koalitionspartner. Kern will als cooler, zielorientierter Entscheider rüberkommen. Aber die ÖVP schneidet zu seiner Performance Gesichter, macht sonstige Faxen und lässt ihn nicht in Ruhe sein Ding machen. Die Doppelconférence mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ging ja noch, denn der ist ja noch kooperationsbereit und verzichtet darauf, zu Kerns Aussagen die Augen zu verdrehen wie seinerzeit zu denen Faymanns. Aber Mitterlehner ist schwerst beeinträchtigt, und die Gruppe Kurz/Lopatka/Sobotka/ Blümel in der ÖVP will alles andere als Kooperation. Und sie zwingt Mitterlehner auf ihren Kurs: Gestern ging er bei der Absage des Pressefoyers noch mit, heute will er doch "zur Verfügung stehen".

Verkündet Kern etwas, so sind zwei Minuten später Kurz, Reinhold Lopatka oder Wolfgang Sobotka mit quertreiberischen Ansagen da. Dem will Kern einen Riegel vorschieben und die Deutungshoheit wiedergewinnen. Es wird nur schwer gelingen. (Hans Rauscher, 31.8.2016)