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Frauen sollen mehr Kinder bekommen, will man in der FPÖ. Aber nur, wenn es sich um "echte" Österreicherinnen handelt.

foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Im heißer werdenden Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten war in den vergangenen Tagen von mehreren Experten eine gleichlautende Prognose zu hören: Sollte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gegen Alexander Van der Bellen gewinnen, werde es in der regierenden SPÖ-ÖVP-Koalition womöglich zu einer "Dynamik" kommen, die zu vorgezogenen Neuwahlen führen könne.

Diese Neuwahlen würden mit einiger Wahrscheinlichkeit die FPÖ in die Regierung spülen: inhaltlich betrachtet kein normaler Regierungswechsel. Denn dadurch würde in Österreich rechtsextreme und völkische Politik (mit)bestimmend – weit über das Ausländer- und Asylthema hinaus, wo die Blauen seit etlichen Jahren, und zuletzt weiter beschleunigt, ohnehin bereits den Ton angeben.

Ethnisch begründete Zweiklassenpolitik

Tatsächlich lugen Deutschtümelei und ethnisch begründete Zweiklassenpolitik in programmatischen Texten der FPÖ in fast allen Politikbereichen hervor – trotz des vielfach spürbaren Versuchs, sich möglichst indirekt auszudrücken.

So etwa in der Familienpolitik. Laut FPÖ-Vorstellungen soll diese völlig umgebaut werden – und zwar auf Kosten der Frauen. Pardon: der "autochthonen" österreichischen Frauen, die künftig tunlichst "drei Kinder oder mehr" bekommen sollen.

Und Frauen mit Migrationshintergrund?

Frauen mit Migrationshintergrund sind nicht mitgemeint. Oder zumindest ist äußerst fraglich, ob auch sie mitgemeint sind – führt man sich etwa einen Kommentar Herbert Vonachs, stellvertretender Obmann des Freiheitlichen Familienverbands, in der September-Ausgabe des monatlich erscheinenden Informationsdiensts des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) zu Gemüte, Titel: "Beziehungsweise".

Besagter Text erschien im Rahmen der Veröffentlichungsreihe "Familie – fit für die Zukunft" von Vertretern aus Organisationen des familienpolitischen Beirats im Familienministerium. In den Monaten davor hatten zum Beispiel bereits der Familienbund und die Bundesarbeiterkammer ihre Ansichten, Verbesserungsvorschläge und Forderungen kundgetan.

Schwindende "deutsche Muttersprache"

In allen Beiträgen war die recht niedrige Geburtenrate in Österreich (im Durchschnitt 1,4 Kinder pro Frau) ein Thema. Vonach blieb es vorbehalten, hier zwischen "autochthonen" Österreicherinnen und anderen Frauen zu unterscheiden. Die "Autochthonen" würden bereits "seit mehr als 20 Jahren" noch weniger Kinder bekommen, im Durchschnitt nur unter 1,3 Kinder pro Frau: "Die Zahl der Kinder mit deutscher Muttersprache hat von ca. 130.000 im Jahr 1965 auf aktuell ca. 50.000 abgenommen und wird im Jahr 2050 nur noch ca. 30.000 betragen", schreibt er.

Ja, und? Sind Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache weniger wert? Offen schreibt das Vonach nicht. Doch was, bitte, soll die Hervorhebung von eingeborenen (Synonym laut Duden für "autochthon") Österreicherinnen und Kindern anderes bedeuten?

Daheim bleiben und heimarbeiten

Die "österreichischen Mütter" wiederum sollen laut Vonach "ausreichendes Kinderbetreuungsgeld" bekommen, sodass "ein sehr großer Teil die Möglichkeit nutzt, während der ersten Lebensjahre bei ihren Kindern bleiben zu können". Freiwillig natürlich.

Und danach? "Teilzeitbeschäftigung und Heimarbeit", wie es sie "auch im Bereich höher und hochqualifizierter Arbeitsplätze" zunehmend gebe, werde ihnen "Wahlfreiheit auch bei der wichtigen Entscheidung über den Umfang der Erwerbstätigkeit nach dem Wiedereinstieg" geben. Home Office und Teleworking im großen Stil? Gute Idee – aber bitte: Wer zahlt's?

Zusammengefasst: Die Familienperspektiven des Freiheitlichen Familienverbands und der FPÖ sind ein perfektes Zurück-an-den Herd-Programm für "echte" Österreicherinnen. Wobei schon ironisch erscheint, dass Vonach als Vorbild für mehr Geburten unter Hiesigen just Frankreich nennt. Gerade in Frankreich wird Kinderbetreuung außer Haus ab dem Babyalter breit praktiziert und ist sozial akzeptiert. (Irene Brickner, 1.9.2016)