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Ex-Premier Milanović will Stimmen rechts der Mitte holen.

Foto: EPA/Hoslet

Er war schon immer bekannt für seine Arroganz, für seine Bissigkeit, für den Eindruck, den er erweckte, auf andere herabzuschauen. Aber er hat sich niemals als Nationalist dargestellt. Bis zu diesem Wahlkampf in Kroatien. Der frühere Premier und Vorsitzende der Sozialdemokraten (SDP), Zoran Milanović, agiert vor der Parlamentswahl am 2. Oktober wie der slowakische Populist Robert Fico, aber nicht wie ein seriöser Politiker. Fragt man Diplomaten und Politologen in diesen Tagen, wie es zu erklären ist, dass Milanović sagt, was er sagt, antworten diese: "Das ist nicht zu erklären. Im Endeffekt hat das wohl mit seiner Persönlichkeit zu tun." Der Mann ist ein Rätsel.

Das Erstaunliche ist: Milanović war nicht immer so, er versuchte vor allem nicht die konservative HDZ rechts zu überholen. Doch in den vergangenen Wochen schlug er mit brachial nationalistischen Meldungen um sich, als müsse er beweisen, der bessere Patriot zu sein als der schlimmste Rechtsfaschist Kroatiens. Bei einem Treffen mit Kriegsveteranen nannte er Bosnien-Herzegowina einen "verfehlten Staat" und "große Scheiße" und beschuldigte Serbien der "Arroganz".

Härte gegen Serbien

In dieser Konversation, die an Medien weitergereicht wurde, sagte der Ex-Regierungschef über die serbische Regierung zudem: "Die Tschetniks sind angekommen." Er meinte damit, dass Serbiens Premier Aleksandar Vučić wegen seiner Aktionen während des Krieges hätte angeklagt werden sollen – und fügte hinzu, dass Serbiens Regierung "die Hälfte des Balkans" regieren wolle. In Kroatien sind sich viele Beobachter mittlerweile einig, dass es für die außenpolitischen Beziehungen jedenfalls besser wäre, wenn Milanović nicht nochmals Premier würde. Das Verhältnis zu Serbien ist ohnehin schon schlecht.

Der bisherige Außenminister Miro Kovač (HDZ) hat in den vergangenen Monaten für eine weitere Verschlechterung der Beziehungen gesorgt, indem er die Eröffnung neuer Verhandlungskapitel der EU mit Serbien blockierte. Milanović kündigte nun in dem Gespräch mit den Kriegsveteranen an, diese Politik weiterzuführen und nicht nur die Verhandlungen mit Serbien zu blockieren, sondern auch Serben zu verfolgen, die im Kosovo Kriegsverbrechen verübt haben. Am Wochenende eskalierte der Konflikt zwischen Serbien und Kroatien erneut, weil in Belgrad der Doppelstaatsbürger Čedo Čolović verhaftet worden war. Ihm wird vorgeworfen, ein Spion Kroatiens zu sein.

Leak

Auch die anderen Nachbarn sind alles andere als begeistert von Milanović. Der bosnische Außenminister Igor Crnadak und Premier Denis Zvizdić protestierten gegen Milanovićs Schmähungen. Der SDP-Chef hatte indirekt sogar angekündigt, sich in Bosnien-Herzegowina einzumischen, falls die Republika Srpska sich abspalten würde. Denn dann werde man die Kroaten nicht "verlassen". Offenbar ging es ihm dabei um die herzegowinischen Wähler, von denen viele einen kroatischen Pass besitzen und auch in Kroatien wahlberechtigt sind. Manche kroatische Beobachter meinen ohnedies, dass die Milanovićs Aussagen absichtlich geleakt wurden.

Besonders untergriffig wurde Milanović gegenüber seinem Konkurrenten, HDZ-Chef Andrej Plenković. Dessen Mutter sei in jugoslawischer Zeit Militärärztin gewesen, erklärte er und verwendete dabei das serbische Wort für Arzt, "lekar". Kroaten zu unterstellen, eigentlich Serben zu sein, ist so etwas wie Hochverrat für Nationalisten. Milanović ging es offensichtlich darum, Plenković zu diskreditieren.

Milanović will Stimmen rechts der Mitte holen – auf der linken Seite gibt es in dieser Wahl keine Alternative zur SDP. Unklar ist aber, ob er mit seiner Brachialrhetorik nicht auch moderate Wähler verscheucht. (Adelheid Wölfl, 6.9.2016)