Helden in Strumpfhosen kennt man, Wiens Lohengrin trägt kernige Beinkleider.

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Interessante bis brillante Besetzungen, ausgeglichene Mischungen aus Ensemblemitgliedern und Gästen – das sind die wesentlichen Benefits in den Programmen von Staatsoperndirektor Dominique Meyer.

Im Grunde hat er das Repertoiresystem nur völlig konsequent ausgebaut: Die Premieren sind in der Regel weniger aufregend als bei seinem Vorgänger, Wiederaufnahmen gibt es nicht mehr, dafür möglichst durchgängige Qualität der Vorstellungen mit einer Reihe kleinerer und größerer Highlights.

Natürlich muss dabei auch immer wieder improvisiert werden. Klaus Florian Vogt, der im Mai in der Titelpartie von Richard Wagners Lohengrin einsprang, musste diesmal seinerseits krankheitsbedingt ersetzt werden. Als kurzfristiger Einspringer feierte so Stefan Vinke, der in der laufenden Saison den Siegfried im Ring verkörpern wird, sein Hausdebüt:

Sympathisch, menschlich, jedoch mit spürbarer Anstrengung und begrenzter Strahlkraft, zugleich auch mit intelligenter Krafteinteilung für die anstrengenden letzten Kilometer im dritten Akt fügte er sich stimmig in die lederhosen-lastige Lesart der Regie von Andreas Homoki, in der
der Superheld auf Durchschnittsformat zurechtgestutzt wird.

Begeistern durch Dasein

Sein Gegenpart Telramund war beim kraftstrotzenden Tomasz Konieczny ebenso gut aufgehoben wie König Heinrich beim soliden Günther Groissböck. Wie Licht und Schatten zeigten Ricarda Merbeth als Elsa und Petra Lang als Ortrud die zwei konträren Frauenbilder inklusive idealtpyischer lichter Höhen im einen und einem adäquaten Zug ins Unschöne im anderen Fall.

Der Star am Dirigentenpult, Yannick Nézet-Séguin, sorgte schon durch seine pure Anwesenheit für Begeisterungsstürme und animierte das Orchester zu geballter Pracht und Attacke. Die von ihm eingebrachte Energie führte dabei immer wieder zu prickelnden Augenblicken.

Von einem durchgehenden Zug oder konturierter Gestaltung konnte aber keine Rede sein – nicht einmal beim bravourösen Vorspiel zum dritten Akt, in dem der Mangel an Straffheit besonders deutlich wurde. "Glanz und Ruhm" wurden somit diesmal mehr besungen als gespielt. (Daniel Ender, 6.9.2016)