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Männer verdienen mehr als Frauen. Der Grund dafür, so die weitläufige Annahme: Sie fragen nicht, treten insgesamt in Gehaltsverhandlungen zögerlicher auf. Eine aktuelle Studie entlarvt diese These nun als Mythos. Wissenschaftern der University of Wisconsin und der University of Warwick and Cass Business School werteten dafür Daten von 4.600 Angestellten bei mehr als 800 australischen Arbeitgebern aus. Das Ergebnis zeigt: Frauen und Männer verlangen gleich häufig nach mehr Gehalt.

Verantwortlich für den Gender Pay Gap dürften also nicht die Frauen selbst sein – sondern strukturelle Benachteiligung, sagen die Studienautoren. "Wir müssen akzeptieren, dass hier offenbar schlicht diskriminiert wird", sagt Andrew Oswald, Professor für Wirtschaft und Verhaltensforschung an der University of Warwick. Obwohl Frauen und Männer gleichermaßen fordern, ist die Chance Letzterer auf eine Gehaltserhöhung um 25 Prozent höher.

81 Jahre Ungleichheit

Laut dem World Economic Forum gibt es kein Land, wo Männer und Frauen gleich viel verdienen. Laut Prognosen des WEF wird es noch etwa 81 Jahre dauern, bis eine Gleichberechtigung erreicht sein wird.

Warum die Forscher gerade Australien betrachteten? Dort wird seit Jahren eine detaillierte Umfrage zu Arbeitsbedingungen durchgeführt, der "Australian Workplace Relations Survey" – laut Studienautoren die wohl einzige systematische Quelle dieser Art weltweit. Der Gender-Pay-Gap in Australien liegt bei etwa 17 Prozent. In Österreich beträgt die Lohnschere laut Eurostat (2014) 22,9 Prozent.

Junge Frauen sind fordernder

Die neue neue Studie widerlegt auch die Theorie, wonach Frauen nicht nach einer Gehaltserhöhung fragen, weil sie fürchten, dass sich das negativ auf ihre Beziehungen am Arbeitsplatz auswirken könnte. Junge Frauen, auch das zeigen die Resultate, erhalten genauso häufig wie junge Männer Gehaltserhöhungen. Für Ko-Autorin Amanda Goodall, die an der Cass Business School of the City University of London unterrichtet, eine gute Nachricht: "Die Studie weist möglicherweise auch auf eine positive Entwicklung hin. Junge Frauen sind heute bei Gehaltsverhandlungen erfolgreicher als ältere – möglicherweise setzt sich das fort, wenn sie älter werden." (lib, 12.9.2016)